Partner
Der Mousonturm evakuiert das Rhein-Main-Gebiet
Wovor rennen Sie davon?
Um die Gesellschaft zu verändern, hat der japanische Theaterregisseur einen Evakuierungsplan für das Rhein-Main-Gebiet entworfen. An 30 Bahnhaltestellen wird dieses spezielle Kunstprojekt stattfinden.
Insgesamt 30 S-Bahn- und Straßenbahnhaltestellen werden in das großangelegte künstlerische Projekt, das am 12. September beginnt, mit einbezogen – in Rüsselsheim werden die Besucher einem Leben ohne Geld begegnen, am Mainzer Hauptbahnhof einer interaktiven Performance beiwohnen können, in der Frankfurter Casellastraße nach Fukushima evakuiert werden. Man braucht nicht viel - außer ein Bahnticket. Eintritt kostet der Veranstaltungsreigen, mit dem der Mousonturm in die neue Spielzeit startet, nicht. Die Orte und Spielzeiten können auf der Webseite eingesehen werden, die am Freitag um 12 Uhr friegeschaltet wird..
Für Akira Takayama hat das Projekt "Evakuieren" eine längere Geschichte, in Tokio führte er es schon einmal auf. Doch etwas anders wird die „Evakuierung“, die Flucht aus dem Alltag oder vor sich selbst, diesmal ablaufen, denn die deutsche Gesellschaft unterscheide sich stark von der japanischen, so Akira Takayama.
Der Theaterregisseur lebte selbst einige Jahre in Berlin und denkt noch immer gern an die Zeit zurück. Auch zu Frankfurt hat er eine gute Beziehung, hier wurde ihm der Unterschied zwischen japanischen und deutschen Städten besonders bewusst. „Städte sind schwierig zu bespielen. Sie unterscheiden sich nicht nur in ihrer Größe, sondern auch in ihrer Lebensart“, sagt Takayama. „Die Yamanote-Linie ist die ‚Uhr‘ Tokios. Täglich wird sie von über 3 Millionen Menschen genutzt, es gibt 29 Stationen, die in 60 Minuten abgefahren werden, der Zug kommt alle zwei Minuten. In Frankfurt gibt es ein solches Zentrum nicht, ich musste sehr viel Recherche betreiben, um geeignete Orte für das Projekt zu finden. Letztendlich habe ich mich am Main orientiert. Die Vision ist hier eine gerade Linie und kein Kreis wie in Tokio.“
Wer möchte, kann den Fluss als Symbol für die Geradlinigkeit unserer Gesellschaft sehen – zumindest scheint Akira Takayama dieses Merkmal den Deutschen oder allgemein dem Westen zuzuordnen. Ein Punkt, der uns wieder zurückbringt zu seiner Enttäuschung gegenüber den Japanern. Schon lange verspürt er das Bedürfnis, seine Landsleute „wachzurütteln“, denn in Japan, so sagt er, zählt die Stimme des Volkes praktisch nichts, doch niemand scheint willens, daran etwas zu ändern. „The Complete Manual of Evacuation“ sollte ein Schritt sein, gegen diese Apathie vorzugehen – nie hätte Akira Takayama geglaubt, dass sein Projekt nur kurze Zeit nach der Verwirklichung einen bitteren, realen Bezug erhalten sollte, nämlich durch das Erdbeben und die anschließende nukleare Katastrophe von Fukushima.
Jetzt in Frankfurt und im Rhein-Main-Gebiet geht es ihm auch darum, die Besucher dazu anzuregen, sich selbst, ihr Leben, ihre Stadt und Heimat, die deutsche Gesellschaft zu hinterfragen. Zusammen mit etlichen regionalen und nationalen Künstlern soll dies in den kommenden drei Wochen gelingen. "Woran glauben die Menschen in einer modernen Gesellschaft? Das möchte ich in hier herausfinden", sagt Herr Takayama.
>> „Evakuieren – The Complete Manual of Evacuation“
12.9.–5.10.2014, in Frankfurt, Mainz, Darmstadt, Offenbach, Hanau, Eintritt frei/RMV-Ticket notwendig, Infos: www.evakuieren.de
Mehr zum Thema erfahren Sie in der Titelstory "Die Exit-Strategie" im aktuellen Journal Frankfurt.
Für Akira Takayama hat das Projekt "Evakuieren" eine längere Geschichte, in Tokio führte er es schon einmal auf. Doch etwas anders wird die „Evakuierung“, die Flucht aus dem Alltag oder vor sich selbst, diesmal ablaufen, denn die deutsche Gesellschaft unterscheide sich stark von der japanischen, so Akira Takayama.
Der Theaterregisseur lebte selbst einige Jahre in Berlin und denkt noch immer gern an die Zeit zurück. Auch zu Frankfurt hat er eine gute Beziehung, hier wurde ihm der Unterschied zwischen japanischen und deutschen Städten besonders bewusst. „Städte sind schwierig zu bespielen. Sie unterscheiden sich nicht nur in ihrer Größe, sondern auch in ihrer Lebensart“, sagt Takayama. „Die Yamanote-Linie ist die ‚Uhr‘ Tokios. Täglich wird sie von über 3 Millionen Menschen genutzt, es gibt 29 Stationen, die in 60 Minuten abgefahren werden, der Zug kommt alle zwei Minuten. In Frankfurt gibt es ein solches Zentrum nicht, ich musste sehr viel Recherche betreiben, um geeignete Orte für das Projekt zu finden. Letztendlich habe ich mich am Main orientiert. Die Vision ist hier eine gerade Linie und kein Kreis wie in Tokio.“
Wer möchte, kann den Fluss als Symbol für die Geradlinigkeit unserer Gesellschaft sehen – zumindest scheint Akira Takayama dieses Merkmal den Deutschen oder allgemein dem Westen zuzuordnen. Ein Punkt, der uns wieder zurückbringt zu seiner Enttäuschung gegenüber den Japanern. Schon lange verspürt er das Bedürfnis, seine Landsleute „wachzurütteln“, denn in Japan, so sagt er, zählt die Stimme des Volkes praktisch nichts, doch niemand scheint willens, daran etwas zu ändern. „The Complete Manual of Evacuation“ sollte ein Schritt sein, gegen diese Apathie vorzugehen – nie hätte Akira Takayama geglaubt, dass sein Projekt nur kurze Zeit nach der Verwirklichung einen bitteren, realen Bezug erhalten sollte, nämlich durch das Erdbeben und die anschließende nukleare Katastrophe von Fukushima.
Jetzt in Frankfurt und im Rhein-Main-Gebiet geht es ihm auch darum, die Besucher dazu anzuregen, sich selbst, ihr Leben, ihre Stadt und Heimat, die deutsche Gesellschaft zu hinterfragen. Zusammen mit etlichen regionalen und nationalen Künstlern soll dies in den kommenden drei Wochen gelingen. "Woran glauben die Menschen in einer modernen Gesellschaft? Das möchte ich in hier herausfinden", sagt Herr Takayama.
>> „Evakuieren – The Complete Manual of Evacuation“
12.9.–5.10.2014, in Frankfurt, Mainz, Darmstadt, Offenbach, Hanau, Eintritt frei/RMV-Ticket notwendig, Infos: www.evakuieren.de
Mehr zum Thema erfahren Sie in der Titelstory "Die Exit-Strategie" im aktuellen Journal Frankfurt.
11. September 2014, 11.15 Uhr
Ronja Merkel
Ronja Merkel
Jahrgang 1989, Kunsthistorikerin, von Mai 2014 bis Oktober 2015 leitende Kunstredakteurin des JOURNAL FRANKFURT, von September 2018 bis Juni 2021 Chefredakteurin. Mehr von Ronja
Merkel >>
Mehr Nachrichten aus dem Ressort Kultur
Sieben Vorführungen in Frankfurt
Italo-Französische Filmwoche
Auch in diesem November heißt es wieder: Frankreich gegen Italien. Die französische Filmwoche und Verso Sud buhlen erneut parallel um die Zuschauergunst als letzte Frankfurter Filmreihen in diesem Jahr.
Text: Gregor Ries / Foto: Der Porträtfilm „Ciao, Marcello - Mastroianni L'Antidivo” von Regisseur Fabrizio Corallo © DFF
KulturMeistgelesen
- Kunstausstellung in EschbornGesammelte Fotografien der Deutschen Börse
- Lilian Thuram in FrankfurtFranzösische Fußballlegende spricht über Rassismus
- Literatur in FrankfurtNeue Lesebühne im Café Mutz
- Filmfestival in WiesbadenExground Filmfest legt Fokus auf Flucht und Migration
- No Other LandEin Skandalfilm, der keiner sein will
22. November 2024
Journal Tagestipps
Freie Stellen