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Foto: Das Baumsterben ist ein ernsthaftes Problem © Anne Duk Hee Jordan and Pauline Doutreluingne, Brakfesten – La Grande Bouffe, 2022
Foto: Das Baumsterben ist ein ernsthaftes Problem © Anne Duk Hee Jordan and Pauline Doutreluingne, Brakfesten – La Grande Bouffe, 2022

Ausstellung in Frankfurt

Von Romantik bis Waldsterben: Wälder im Museum

Drei Museen in Frankfurt und Bad Homburg widmen sich dem Wald. Die Besucherinnen und Besucher erwarten wissenschaftliche wie künstlerische Zugänge ins Thema.
Das Thema Wald hat viele Facetten: In ihm wimmelt es von sichtbarem und verborgenem Leben, sein Zustand macht Sorgen, er ist ein Ort der Geborgenheit, aber unheimlich zugleich. Die verschiedenen Aspekte werden ab dem 16. März in der Ausstellung „Wälder - von der Romantik in die Zukunft“ präsentiert, es ist ein gemeinsames Projekt der beiden Frankfurter Institutionen Deutsches Romantik-Museum und Senckenberg Naturmuseum gemeinsam mit dem Bad Homburger Museum Sinclair-Haus.

Der Zugang der Museen ins Thema ist mal wissenschaftlich, mal spielerisch. Ursprünglich stammt die Idee vom Romantik-Museum, wie die Direktorin Anne Bohnenkamp-Renken erzählt: „Wir wollten, dass es von der Romantik deutliche Bezüge in die Gegenwart gibt. Da war es klar, dass wir Mitstreiter brauchen.“ Und so ist es ein großes Werk der drei Museen geworden.

Borkenkäfer lauschen und Bäume riechen bei „Wälder“-Ausstellung in Frankfurt und Bad Homburg

Dabei gibt es natürlich hauptsächlich viel zu sehen, aber auch einiges zu hören und zu riechen. So können sich die Besucher mit dem Duft eines Baumes einsprühen lassen, einem Nachtigall-Gesang lauschen oder zuhören, wie Borkenkäfer einen Baum verspeisen. Überraschend sind bei der Ausstellung etwa die Feststellungen, wie früh naturwissenschaftliche Erkenntnisse bereits vorlagen, die immer noch aktuell sind.

„Schon in der Romantik war bewusst, dass die Dürre menschengemacht ist“, nennt die Kuratorin Nicola Lepp ein Beispiel. „Unter anderem Alexander von Humboldt und Ernst Moritz Arndt warnten vor einer Klimaänderung durch die Abholzung von Wäldern.“ Auch Borkenkäferplagen gab es damals bereits - und die Forscher wussten von der Anfälligkeit von Fichten. „Man fragt sich, wo das Wissen zwischendurch gewesen ist?“, so Lepp mit Blick auf die angepflanzten Monokulturen in den Wäldern.

Damals in der Romantik habe es eine „Waldbegeisterung der Künstler“ gegeben, erzählt Bohnenkamp-Renken. Schriftsteller, Maler und Musiker flüchteten aus den lauten Städten in die Stille des Waldes. Kein Wunder, dass er in ihren Werken wunderbar wurde.



Hase unter einer Eiche von Hackert – Schon entdeckt? © Freies Deutsches Hochstift, Foto: David Hall

Romantik-Museum Frankfurt zeigt Waldbilder vom Ende des 18. bis in das 19. Jahrhundert

Es war zudem eine Begeisterung aus dem Mangel heraus: Denn in dieser kulturgeschichtlichen Epoche, die vom Ende des 18. bis in das 19. Jahrhundert dauerte, gab es viel weniger Wald als heute. Lediglich ein Fünftel der Fläche in Deutschland war mit Wald bedeckt, heute ist es rund ein Drittel. In dem Romantik-Museum werden schwärmerisch anmutende Waldbilder der damaligen Künstler gezeigt – und diese mit der schnöden Wirklichkeit konfrontiert.

Denn der Wald in Deutschland war damals oft alles andere als schön oder gar romantisch gewesen, sondern abgewirtschaftet, schließlich wurden Brennstoff und Bauholz benötigt. Der wachsende Bedarf konnte durch den Bestand schon lange nicht mehr gedeckt werden.
Es begann das rigorose Verwalten und Normieren seitens der Forstwirtschaft und damit die Zeit der Monokulturen, die den Wald zum Teil bis heute prägen. Gar nicht romantisch ist die bei der Ausstellung gestellte Frage, welche Rechte der Wald hat oder haben sollte. Hierzu werden Auszüge aus Gesetzen sowie Urteilen präsentiert und passend dazu der Aktivismus zum Klimawandel zum Thema gemacht.

„Wälder“-Ausstellung lädt zu Erkundung im Frankfurter Stadtwald ein

Das Romantik-Museum ist das einzige der drei Museen, das „Wälder“ einen eigenen Bereich widmet, in den beiden anderen Häusern sind die Exponate Teile der anderen Ausstellungen. „Sie gleiten durch das ganze Haus, schließlich haben die Dinos ja auch in Wäldern gelebt“, erklärt Brigitte Franzen, Direktorin des Senckenberg Naturmuseums. Das Museum war 1821 und damit mitten in der Romantik gegründet worden.

Die Besucher können dort etwa einem Urwald beim Wachsen im Zeitraffer zusehen oder sich informieren, wie sich das Klima und die Wälder voraussichtlich entwickeln werden. Es gibt einen „Faktencheck“ über die positive Wirkung eines Waldbesuchs auf die mentale Gesundheit, Informationen über Protestbewegungen rund um den Wald sowie Filme und Fotos aus dem documenta-Archiv über das Projekt „7000 Eichen – Stadtverwaldung statt Stadtverwaltung“ von Joseph Beuys aus dem Jahr 1982.

Auch wird über den Frankfurter Stadtwald informiert. Dort stehen besonders viele alte und ökologisch wertvolle Bäume, er ist ein wichtiger Lebensraum für Tiere, Pflanzen und Pilze. Zudem schützt er vor Lärm, filtert die Luft, puffert Starkregen ab und bietet an heißen Sommertagen Abkühlung. Im Rahmen der Ausstellung wird zu Spaziergängen in den Wald eingeladen.



Catharsis © Jakob Kudsk Steensen

Senckenberg-Museum Frankfurt wird romantisch – und nutzt dafür auch ChatGPT

Das Waldsterben ist ebenso Thema, dieses war in den 1980er Jahren erstmals publik geworden. Das Senckenberg-Museum zeigte bereits damals eine Ausstellung über „Ursachen Folgen Maßnahmen“, wie es auf dem Poster hieß. Wie die Lebens- und Sterbensprozesse in den Wäldern ablaufen, wird nun im Rahmen von „Wälder“ gezeigt. Ohne die aktuellen Entwicklungen verharmlosen zu wollen, wird dabei klar: Brände sind nicht nur eine zerstörerische Kraft, Totholz wirkt auch regenerativ.

Und Waldsterben ist kein neues Phänomen, sondern geschah über die bisherige Erdgeschichte hinweg – jedoch immer aus unterschiedlichen Gründen. Im Rahmen von „Wälder“ wird es zudem einen Hauch romantisch im Senckenberg-Museum, es werden zwei Gedichte über den Wald präsentiert: Eines wurde in der Romantik von Menschenhand geschrieben, das andere von ChatGPT.

Duftstoffe von Bäumen als Parfüm gibt es im Museum Sinclair-Haus in Bad Homburg

Mit Nachtigall-Gesang und künstlerischen Waldbildern werden die Besucher im Sinclair-Haus in Bad Homburg empfangen. Duftstoffe von Bäumen wurden von einer Künstlerin in Parfüm gewandelt, die Besucher können sich damit besprühen lassen. „Die Empfindung wurde in der Romantik in den Vordergrund gestellt, das war eine wichtige Entwicklung“, erklärt die Direktorin Kathrin Meyer, ihren Ansatz. „Denn nur, wenn wir empfinden, können wir uns öffnen und als Teil der Natur begreifen.“

Doch Wälder werden nicht nur als wohltuend wahrgenommen, wie im Laufe der Ausstellung bewusst wird. In ihnen werden auch Urängste wachgerüttelt: Wälder sind unheimlich, in ihnen kann man sich verlieren und sterben. Diese Ambivalenz ist etwa bei den Märchen aus der Romantik deutlich erkennbar, wie Illustrationen im Sinclair-Haus zeigen. Ausgangspunkt ist dabei immer ein Mensch, der nach Auswegen aus einer verfahrenen Situation sucht. Je nach Märchen erlebt er den Wald als Rettung oder als Schreckensort.



Forest Mind Tree of Life © Ursula Biemann

Angst um den Wald – Sinclair Haus in Bad Homburg widmet sich der Solastalgie

Heute ist zu den Urängsten eine weitere Angst hinzugekommen: Man bangt um den Wald. Vertraute Landschaften verändern sich derzeit, für dieses Gefühl angesichts des unwiederbringlichen Verlusts gibt es sogar ein Wort, Solastalgie. Die Frage, wie viel Nähe und wie viel Distanz wir zum Wald brauchen, wird im letzten Raum der Ausstellung im Museum Sinclair-Haus gestellt: Auf einem Video sind fünf Tänzer zu sehen, sie umgarnen die Bäume.

„Wälder – Von der Romantik in die Zukunft“ ist eine gemeinsame Ausstellung im Deutschen Romantik-Museum, Senckenberg Naturmuseum Frankfurt und Museum Sinclair-Haus in Bad Homburg vom 16. März bis 11. August 2024.

Info
Ein für alle Museen gültiges Verbundsticket kostet 18 Euro, Einzeltickets sind in den jeweiligen Museen erhältlich. Weitere Informationen zur Ausstellung und dem Begleitprogramm finden Sie hier.
 
Fotogalerie:
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15. März 2024, 07.00 Uhr
Sabine Maurer
 
 
 
 
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