Leder Stoll

„Unser altes Konzept ist durch Corona gestorben“

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Joachim Stoll führt das Traditionsgeschäft Leder Stoll, das seit 101 Jahren in der Innenstadt besteht. Am Donnerstag beginnt der Räumungsverkauf, Ende September soll das Geschäft endgültig schließen. Ein Gespräch über Rückschläge, Corona und Rucksäcke aus Meeresplastik.

Sina Eichhorn /

JOURNAL FRANKFURT: Herr Stoll, 1920 eröffnete Leder Stoll in der Innenstadt. Nun, 101 Jahre später, schließen Sie ihr Geschäft in ein paar Wochen. Welche Gründe führten zu dieser Entscheidung?
Joachim Stoll: Obwohl wir in den letzten fünf Jahren ein starkes Wachstum verzeichnen konnten, mussten wir immer wieder Rückschläge einstecken. Dazu gehörte unter anderem der Wegfall von Kunden wie Air Berlin oder die Umstrukturierung unserer stärksten Marke, dem Kofferhersteller Rimowa. Doch letztendlich hat die Corona-Krise die Entscheidung endgültig besiegelt. Die Markenrechte für unseren Onlineshop haben wir bereits Anfang des Jahres verkauft, am Donnerstag beginnt der Räumungsverkauf im Laden.

Wie hat sich die Pandemie auf Ihr Geschäft ausgewirkt?
Corona hat dazu geführt, dass wir, als jemand, der sich auf Business-Reisende fokussiert hat, erheblich getroffen wurden. Hinzu kommt, dass der Laden stark auf chinesische Touristen ausgerichtet war. Doch es gab lange Zeit keine Touristen und es wird auch in nächster Zeit keine geben. Auch die Frankfurter Kunden kommen nur sehr langsam zurück. Bis das Geschäft wieder auf Vor-Corona-Standpunkt zurückfährt – sofern es dazu gekommen wäre – das dauert noch Jahre.

Das klingt nicht sehr optimistisch.
Wir haben bestimmt einen Nachholbedarf im privaten Reisebereich, aber in den Geschäftsreisen wird es das alte Niveau wahrscheinlich nicht mehr erreichen. Und wenn doch, dann sind wieder neue Investitionen in den Laden, in neue Online- und Offlinekonzepte notwendig und dann habe ich die 60 überschritten. Man weiß eben nicht, wann dies der Fall sein wird, und ob der Fall überhaupt eintritt. Das heißt, unser altes Konzept ist durch Corona gestorben. Ein neues Konzept, ein stationäres, muss jemand anderes machen.

Ich war 1998 der erste Onlineshop in der Lederwarenbranche und wir haben in besten Zeiten insgesamt 15 Millionen netto umgesetzt, was für unsere kleine Lederwarenbranche eine sehr sehr gute Zahl ist. Später habe ich mich dazu entschieden, aus der Mode rauszugehen, rein in B2B-Geschäfte, in Firmenbereiche, die geschäftsaffin waren. Einfach auch, weil es bis dato als das risikolosere Geschäftsmodell galt als die schnelllebige Modebranche. Wer konnte denn ahnen, dass eine Pandemie wie Corona kommt?

Wie geht es Ihnen damit? Sind Sie nicht wehmütig nach so langer Zeit?
Wehmütig? Nein. Jetzt heißt es nach vorne schauen, man muss mit der Zeit gehen. Wir suchen einen Mieter – vielleicht passend zu den vielen Einrichtungsgeschäften in der Nachbarschaft der Schäfergasse und wir hoffen, dass wir unsere eigene Kollektion, die mit Meeresplastik hergestellt wird, weiterentwickeln können. Und, dass wir da im Trend liegen. Doch natürlich würde es mich auch freuen, wenn sich mein altes Baby, der Onlineshop Koffer24, wieder mit neuen Ideen weiterentwickelt.

Das heißt, es ist kein Abschied auf ganzer Linie?
Auf keinen Fall. Ich werde mich jetzt auf das berufen, was ich kann. Das sind Erfahrungen im E-Commerce und eben der Vertrieb von zwei neuen, nachhaltigen Rucksackmarken für den Onlinehandel. Wir als Offene Handelsgesellschaft (OHG) werden weiterhin unsere Firmenkunden betreuen, die Markenartikel für ihre Kunden oder den Eigenbedarf benötigen, aber eben ohne stationäres Konzept.

Sina Eichhorn
Sina Eichhorn
Geboren 1994 in Gelnhausen. Nach einem Studium der Germanistik an der Justus-Liebig-Universität Gießen seit Oktober 2018 beim Journal Frankfurt. Zunächst als Redakteurin, seit 2021 Chefin vom Dienst.
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