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EM-Glosse
EM-Auftakt: zwischen Whisky-Schädel und Straßenschlachten
Das erste Wochenende der Europameisterschaft ist vorbei und Deutschland im Fußballfieber. Was Salzstangen, Whisky und Straßenschlachten in Gelsenkirchen damit zu tun haben, lesen Sie in unserer EM-Glosse.
So, der Ball rollt also. Oder, wie es die große ZDF-Fernsehphilosophin Claudia Neumann bei ihrem ersten EM-Auftritt formulierte: „Es ist angerührt.“ Apropos erster Auftritt: „Deutschland, Deutschland überraschend.“ So kommentierte Harald Schmidt 1994 die Leistung der Nationalmannschaft. Das war in einer Zeit, in der man sich über Nazi-Deppen noch lustig machte, anstatt in ernster Schockstarre zu verharren. Oder hätten Sie sich vorstellen können, dass das deutsche Team die tapferen Schotten derart vom Platz fegt? Ich nicht.
Das Public Viewing habe ich bislang noch nicht in Anspruch genommen. Angeblich fühlt es sich in der Fanzone so an, als sei man als Salzstange mit tausenden anderer Salzstangen in ein zu enges Glas gepresst worden. Zudem kostet ein Bier dort sieben Euro, was mir egal ist, weil ich nur sehr wenig Bier trinke. Am Abend des Eröffnungsspiels trank ich zu Ehren der unterlegenen Bravehearts mehrere Gläser schottischen Whiskys und erwachte am Folgetag mit einem monströsen Schädel. Dafür konnte aber der Whisky nichts.
Vorschlag zur EM: Warum nicht einfach die Zeil für Sachbeschädigung freigeben?
Am Sonntag schaute ich das Dänemark-Slowenien-Spiel auf einem kleinen iPad-Bildschirm an einem See. Neben mir saß eine slowenische Freundin, die so aufgeregt war, dass ihr der Text der Hymne nicht mehr einfiel. Nur dass das Wort „Volk“ vorkommt, da war sie sich ganz sicher. Eine nicht sonderlich originelle Prognose für eine Nationalhymne, die selbstverständlich korrekt war, allerdings auf angenehme Weise: Die Hymne ist eine Strophe aus einem Trinklied des Nationaldichters France Prešeren, das mit der Zeile endet „und wo zum Nachbarn wird der Feind“. Sehr sympathisch.
Am Donnerstag kommen dann die Engländer nach Frankfurt. Das erste Hochsicherheitsspiel des Turniers zwischen Serbien (ungemein viele Hooligans) und England (ebenso) hatte die UEFA vorsorglich und intelligenterweise nach Gelsenkirchen verlegt; in eine Stadt also, in der es kein bisschen auffällt, wenn eine Horde gewaltbereiter Menschen sich eine Straßenschlacht liefern. Es sieht danach einfach noch genauso aus wie davor. England spielt in Frankfurt gegen Dänemark. Die dänischen Anhänger gelten als so begeisterungswillig wie friedfertig. Sollte aber dennoch jemand das Bedürfnis nach Sachbeschädigung haben, empfehle ich der Polizei, dafür einfach die Zeil freizugeben. Die wird ohnehin kaum noch gebraucht.
Das Public Viewing habe ich bislang noch nicht in Anspruch genommen. Angeblich fühlt es sich in der Fanzone so an, als sei man als Salzstange mit tausenden anderer Salzstangen in ein zu enges Glas gepresst worden. Zudem kostet ein Bier dort sieben Euro, was mir egal ist, weil ich nur sehr wenig Bier trinke. Am Abend des Eröffnungsspiels trank ich zu Ehren der unterlegenen Bravehearts mehrere Gläser schottischen Whiskys und erwachte am Folgetag mit einem monströsen Schädel. Dafür konnte aber der Whisky nichts.
Am Sonntag schaute ich das Dänemark-Slowenien-Spiel auf einem kleinen iPad-Bildschirm an einem See. Neben mir saß eine slowenische Freundin, die so aufgeregt war, dass ihr der Text der Hymne nicht mehr einfiel. Nur dass das Wort „Volk“ vorkommt, da war sie sich ganz sicher. Eine nicht sonderlich originelle Prognose für eine Nationalhymne, die selbstverständlich korrekt war, allerdings auf angenehme Weise: Die Hymne ist eine Strophe aus einem Trinklied des Nationaldichters France Prešeren, das mit der Zeile endet „und wo zum Nachbarn wird der Feind“. Sehr sympathisch.
Am Donnerstag kommen dann die Engländer nach Frankfurt. Das erste Hochsicherheitsspiel des Turniers zwischen Serbien (ungemein viele Hooligans) und England (ebenso) hatte die UEFA vorsorglich und intelligenterweise nach Gelsenkirchen verlegt; in eine Stadt also, in der es kein bisschen auffällt, wenn eine Horde gewaltbereiter Menschen sich eine Straßenschlacht liefern. Es sieht danach einfach noch genauso aus wie davor. England spielt in Frankfurt gegen Dänemark. Die dänischen Anhänger gelten als so begeisterungswillig wie friedfertig. Sollte aber dennoch jemand das Bedürfnis nach Sachbeschädigung haben, empfehle ich der Polizei, dafür einfach die Zeil freizugeben. Die wird ohnehin kaum noch gebraucht.
17. Juni 2024, 11.37 Uhr
Christoph Schröder
Christoph Schröder
Christoph Schröder studierte in Mainz Germanistik, Komparatistik und Philosophie. Seine Interessensschwerpunkte liegen auf der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur und dem Literaturbetrieb. Er ist Dozent für Literaturkritik an der Goethe-Universität Frankfurt. Mehr von Christoph
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Text: red / Foto: Symbolbild © Adobe Stock/deagreez
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