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HfG Offenbach

"Im Idealfall ist auch Kunst kommerziell erfolgreich."

Die HfG in Offenbach ist eine der renommiertesten Kunsthochschulen. Freitag zeigen die Studenten einen Einblick in ihr Können – währenddessen arbeitet die Hochschulführung an Neubauplänen. Ein Gespräch.
Die Handwerker sind mal wieder unterwegs in der Hochschule für Gestaltung. Vor dem Büro von Präsident Bernd Kracke werden Lampen angeschraubt, im Erdgeschoss wird eine Cafeteria gebaut – mit Blick aufs Isenburger Schloss. Vor einiger Zeit schon wurde mal wieder eine neue Dependance eröffnet, eine Viertelstunde Fußweg vom Hauptsitz der Hochschule entfernt gibt es nun ein Atelierhaus. Es tut sich also was.
Die HfG hat es zwar in den vergangenen Jahren geschafft, dringend benötigte Gebäude zu bekommen, dafür ist sie fragmentiert. An fünf Locations geben die Studenten einen Einblick in die Arbeit eines Jahres – Zugangsvoraussetzungen gibt es keine.
Wie geht es weiter mit der Hochschule für Gestaltung? Ein Gespräch mit HfG-Präsident Bernd Kracke, Vizepräsident Peter Eckart und dem Dekan des Fachbereichs Visuelle Kommunikation, Klaus Hesse.


Journal Frankfurt: Ist an einer Kunsthochschule überhaupt ein geregelter Studienablauf möglich?
Klaus Hesse: Wir haben eine Studienordnung, in der Fächer und Module definiert werden, es gibt viele Prüfungen. Der wirkliche Unterschied zu anderen Hochschulen ist aber, dass wir nicht zwischen Kunst und Design trennen. Hier hängt neben Bildhauerei auch Corporate Design oder eine Plakatserie.

Ist das sinnvoll, Kunst und Kommerz nebeneinander zu stellen?
Hesse: Ist Kunst kein Kommerz? Darüber könnten wir jetzt philosophische Betrachtungen anstellen.

Bernd Kracke: Im Idealfall ist auch Kunst kommerziell erfolgreich.

Peter Eckart: ... bisweilen sogar erfolgreicher.

Kracke: Jede Disziplin hat im Idealfall auch einen Markt.

Große Künstler stellen ihre Werke ja auch fast industriell her.
Kracke: Schauen Sie sich Olafur Eliasson an, der in Berlin nicht nur eine Etage, sondern gleich vier Etagen bespielt. Das ist schon eine Fabrik. Künstler werden zu kleinen und mittelständischen Unternehmern.

Ist das an einer Kunsthochschule wichtiger geworden: die Absolventen auf den Markt vorzubereiten?
Kracke: Es gibt zwei Ebenen. Die eine ist das Wissen um Urheberrechte, Verträge und Präsentationen, das wir hier auch vermitteln. Die andere ist, Nutzen aus den bestehenden Netzwerken zu ziehen – und während des Studiums selbst eigene Netzwerke aufzubauen. Darauf zurückgreifen zu können, ist ein hoher Wert. Viele Studenten arbeiten nach der Hochschule in Künstlerateliers oder in kleinen Agenturen weiterhin zusammen.

Denken Studenten heute mehr darüber nach, wie sie sich nach dem Studium positionieren?
Eckart: In der Produktgestaltung habe ich schon den Eindruck. Man sieht sehr deutlich, dass viele Studenten sehr zielorientiert sind, wohinter eine gewisse Zukunftssorge stehen mag. Man sieht, wie sich manche bemühen, den richtigen Praktikumsplatz zu bekommen.

Hesse: In den 80ern war es viel leichter einen Job zu bekommen. Das hat sich verändert. Kommunikation und Gestaltung war ein Wachstumsmarkt. Durch die wirtschaftliche Stagnation ist es auch dort zu einer Sättigung gekommen, Ereignisse wie 9/11 oder jetzt die Finanzkrise tun ihr übriges. Wir sind ja auch Luxusanbieter. Bei Gestaltung sagt sich mancher: das spare ich mir dieses Jahr mal. Das gleiche gilt für die Kulturetats. Kein Politiker wird ein Krankenhaus schließen, damit die zusätzliche Ausstellung im Museum finanziert werden kann.

Eckart: Ich glaube allerdings, dass das Berufsbild in den 80er-Jahren wesentlich geschärfter war. Durch die Werkzeuge der neuen Medien eröffnen sich ganz andere Arbeitsfelder. Es gibt Bereiche, die ganz weg von der eigentlichen Produktgestaltung gehen, wo es um Strategie und Kommunikation geht. Es gibt raumorientierte Arbeiten. Und da ist die HfG schon ideal. Sie gibt die Möglichkeit, später an vielfältigen Projekten zu arbeiten.

Hat der Name HfG noch einen Klang bei Firmen?
Hesse: Wir sind immer noch Nummer 1.

Was aber nicht bedeutet, dass man automatisch einen Job bekommt.
Hesse: Nein, die Leute schauen sich nach wie vor die Portfolios an, die Persönlichkeiten und Profile.

Eckart: Am Ende zählt die Arbeit, die man gemacht hat.

Während des Rundgangs haben vom 1. bis zum 3. Juli wieder alle Studenten die Möglichkeit, ihre Arbeiten zu zeigen. Hat sich in der Art der Präsentation etwas verändert?
Hesse: Ich glaube, unsere Studenten sind nicht unbedingt auf Effekte aus. Die Arbeit steht im Vordergrund. Und die muss im Rahmen der Räume präsentiert werden, was nicht immer einfach ist.

Kracke: Dazu kommt, dass wir an fünf Standorten in Offenbach präsent sind.

Sind die vielen Standorte nicht ein Nachteil?
Hesse: Sie machen es schwierig für einen Besucher, sich wirklich alles anzuschauen. Die Wege sind sehr lang.

Eckart: Und das Nebeneinander, der Dialog zwischen Kunst und Design geht dadurch etwas verloren.

Kracke: So was wird sich aber auch nicht mit einem Neubau lösen lassen, denn wir wollen ja gerade allen Studenten die Möglichkeit geben, sich zu präsentieren. Dafür braucht man einfach Platz.

Gab es schon mal die Idee, über Offenbach hinaus zu wirken?
Kracke: Zum Rundgang nicht. Ansonsten haben wir gerade eine aufwendige Ausstellung in der Frankfurter Diamantenbörse hinter uns, wir kooperieren mit vielen Partnern aus anderen Städten.

Hesse: Und wir betreiben auch einen Ausstellungsraum in Berlin.

Muss das sein?
Hesse: Für die Studenten ist das eine Herausforderung.

Kracke: Unter dem Gedanken, Netzwerke über Plattformen zu knüpfen, könnte ich mir vorstellen, dass man solche Fenster nicht nur in Berlin, sondern auch in anderen Städten hat. Dass fördert auch die Erfahrung, sich nicht im gewohnten Umfeld zu präsentieren, sondern vor einem völlig anderen Publikum. Unser Berliner Fenster ist in der Nachbarschaft vergleichbarer alternativer Ausstellungsräume, das sorgt schon für interessante Begegnungen.

Eckart: Und für eine unglaubliche Motivation. Die Vorbereitung von Vernissagen, die Einladungen, die Präsentation selbst ... ich habe nur manchmal die Sorge, wie das dann ist, wenn die Studenten nach so einem Trip wieder zurück an die Hochschule kommen.

Einige Lokalpatrioten bemängeln, dass die Studenten an der Städelschule oder der HfG eine exzellente Ausbildung bekommen und dann nach Berlin gehen.
Kracke: Moment, die Geschichte endet ja nicht in Berlin oder in Tokio oder in Barcelona. Die guten Absolventen kommen auch wieder zurück. Wenn jemand, woanders sagt: ich komm aus Offenbach, dann sorgt das auch dafür, das andere sich für unsere Hochschule interessieren.

Hesse: Manch einer geht ja auch gar nicht weg, sondern zurück, nämlich in seine ursprüngliche Heimat. Berlin ist eigentlich aber eine Stadt für die, die noch etwas lernen wollen. Es gibt ein gutes Klima und starke kreative Kräfte, aber es gibt eigentlich keine Aufgabe.

Wie sehen Sie das Offenbacher Klima?
Hesse: Es ist hier einfacher und auch günstiger, kreativ zu arbeiten.

Eckart: Es hat Potential. Die ganze Atmosphäre ist inspirierend.

Was meinen Sie damit?
Eckart: Es ist eben nicht fertig. Okay, manchmal vielleicht auch etwas zu fertig.

Hesse: Wenn man in Offenbach unterwegs ist, ist das wie eine Reise durch ein fremdes Land. Die Analyse von Kai Vöckler hat ergeben, dass sich im Kerngebiet ein Drittel der Bewohnerschaft alle drei Jahre austauscht. Wir leben in einer Stadt, die selbst immer unterwegs ist.

Kracke: Es ist im Gegensatz zu einem geleckten Bankenviertel wesentlich brüchiger, subkultureller auch. Die Studenten können sich hier ausleben, ohne sich als Außenseiter fühlen zu müssen. Teilweise sind die Offenbacher ja sowieso schräger als die Kunststudenten.

Bedauern Sie, dass sich das Umfeld durch die Hafenbebauung eventuell ändern könnte?
Eckart: Das wird es wohl eher beflügeln.

Kracke: Die Hochschule wird ja am Ende der Ludwigstraße entstehen, eine Straße, in der sich schon heute viele Werbeagenturen, Ateliers und kleine Ausstellungsräume befinden. Das wird stark die Szene prägen, und auch die Hochschule. Auf die Eigentumswohnungen und Penthäuser, die auf der Hafeninsel geplant sind, wird die Hochschule dagegen nicht so stark ausstrahlen. Das Nordend wird aber mit Sicherheit inspiriert werden.

Um die Hafenspitze, die auch einmal als Standort geplant war, trauern Sie also nicht?
Nun, da hätte man ein Gebäude als Zeichen hinstellen können, also ein Aushängeschild. Aber für einen Campus wäre es dort nicht ideal gewesen. Am Nordring fühlen wir uns wesentlich wohler.

Wie weit sind die Planungen?
Eckart: Wir denken gerade viel darüber nach, wie eine Hochschule beschaffen sein muss. Da geht es natürlich auch um die Offenheit gegenüber der Stadt, um die Einbeziehung des öffentlichen Raums. Aber auch um die Verknüpfung, um das Nebeneinander der verschiedenen Disziplinen, was die HfG so besonders macht.

Hesse: Dann wird sich auch architektonisch zeigen, was an der Hochschule schon lange Prinzip ist: die Offenheit zwischen Kunst und Design.

Kracke: Auch in der Außenwahrnehmung wird es einen unglaublichen Schub geben. Manche Menschen stehen hier vor Tür und wissen gar nicht, dass sich dahinter die HfG verbirgt. Die Verortung in der Stadt ist historisch seltsam gewachsen. Das sieht man auch an den Gebäuden. Unser Hauptgebäude von 1910 ist ursprünglich für die Ausbildung von technischen Zeichnern und Handwerkern entwickelt worden, dem einstigen Architekten kann man in dieser Hinsicht auch keinen Vorwurf machen. Nur hat eine Hochschule für Gestaltung im 21. Jahrhundert ganz andere Anforderungen. Mit dem Neubau und der neuen Adresse wird sich das fundamental ändern.

>> 14. HfG-Rundgang
mit CrossMediaNight am Freitag und Filmnacht am Samstag. Standorte: HfG-Campus (Schlossstraße 31), HfG-Atelierhaus (Geleitsstraße 103), Ölhalle (Hafen 6), Hafen 2, KOMM-Einkaufszentrum (Aliceplatz 11), 1.–3.7.
 
Fotogalerie:
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30. Juni 2011, 11.09 Uhr
Interview: Nils Bremer
 
 
 
 
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