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Gesicht der Stadt
Istahil Hassan hatte immer das Ziel vor Augen
Istahil Hassan ist 2016 im Alter von 16 Jahren aus Somalia nach Frankfurt geflohen. 2024 hat sie ihre Prüfungen zur Verkäuferin bestanden. Nun qualifiziert sie sich weiter zur Einzelhandelskauffrau.
JOURNAL FRANKFURT: Herzlichen Glückwunsch zu den bestandenen Prüfungen zur Verkäuferin! Waren Sie sehr nervös?
Istahil Hassan: Ich war sehr nervös. Es ist aber ein schönes Gefühl, wenn man bestanden hat. Die ganze Mühe hat sich gelohnt!
Wie sind Sie auf die Idee gekommen, eine Ausbildung als Verkäuferin zu machen?
Mir wurde vom Verein zur beruflichen Förderung von Frauen (VbFF) erzählt. Dort hat eine Sozialarbeiterin mit mir über meine Wünsche und Fähigkeiten gesprochen. Ich mag Mathematik und mit Menschen in Kontakt sein. Im dort angebotenen Kurs „Ankommen, Weiterkommen“ wurde ich im Fach Deutsch, dem Umgang mit dem Computer und Mathe unterrichtet. Ein wichtiges Fach war Berufsvorbereitung und Orientierung. Zuletzt wurde ich auf das Einzelhandelsgeschäft SchubLaden von der gemeinnützigen Faprik gGmbH aufmerksam gemacht, und ich habe mich dort beworben.
„Das war mein größter Wunsch: Diese Sprache zu lernen, um die Leute zu verstehen“
Das Projekt beim VbFF hieß „Ankommen, Weiterkommen“. Fühlen Sie sich in Deutschland „angekommen“?
Ja. Ich fühle mich angekommen. Am Anfang hatte ich Probleme mit der Kultur, der Sprache und dem Umgang mit den unbekannten Menschen. Ich konnte mich nicht verständigen und habe mich auf die deutsche Sprache konzentriert. Das war mein größter Wunsch: Diese Sprache zu lernen, um die Leute zu verstehen.
Was macht SchubLaden genau?
Die Faprik gGmbH fördert Ausbildungsprojekte für junge Frauen zwischen 16 und 27 Jahren. Im Bereich Einzelhandel und in der Gastronomie. Im Einzelhandel kann man direkt im SchubLaden eine Ausbildung zur Verkäuferin machen.
„Im SchubLaden werden Frauen aufgenommen, die Schwierigkeiten damit haben, einen Ausbildungsplatz zu finden“
Sie absolvieren die Ausbildung im SchubLaden in Teilzeit?
Da ich Mutter von einem kleinen Sohn bin, konnte ich die Ausbildung nicht in Vollzeit machen. Mein Sohn braucht meine Unterstützung, weil mein Mann einer Vollzeitbeschäftigung mit Nachtschichten in einem Sicherheitsunternehmen nachgeht. Im SchubLaden werden Frauen aufgenommen, die wegen zum Beispiel fehlender Sprachkompetenzen Schwierigkeiten damit haben, einen Ausbildungsplatz zu finden.
In Ihrem Laden werden vor allem Spielsachen für Kinder verkauft. Aber auch Schreibutensilien und Motivpostkarten. Dürfen Sie manchmal selbst entscheiden, was im Laden ausgestellt werden soll?
Das Sortiment bestellt die Chefin. Ich kann aber sagen, was sich gut verkauft hat, und das wird nachbestellt. Wenn wir neue Waren bekommen, darf ich sie platzieren, wohin ich möchte. Sie korrigiert mich, wenn ihr meine Anordnung nicht passt.
Welche Aufgaben machen Sie auf der Arbeit am liebsten?
Ich gestalte gerne den Verkaufsraum. Meistens wollen die Kunden etwas über die Qualität und den Preis des Produktes erfahren. Wir haben Produkte aus recyceltem Material, und die Kunden möchten wissen, woran man das erkennt.
Woran erkennt man das?
Zum Beispiel am Blauen Engel! Wir haben viele ältere Kundinnen. Für sie scheint die Frage wichtiger zu sein als für jüngere.
„Ich achte auf Mode, weil ich mich mit meinem Stil wohlfühlen möchte“
Hatten Sie vor der Ausbildung zur Verkäuferin noch andere berufliche Ideen?
In meinem Heimatland wollte ich Ärztin werden. Hier in Deutschland habe ich gemerkt, dass das nicht einfach ist. Man braucht ein Studium. Mein B1-Abschluss und der Hauptschulabschluss haben für die Ausbildung zur Verkäuferin ausgereicht.
So wie Sie sich kleiden, könnten Sie Modedesignerin sein.
(Lacht). Warum denken Sie das? Nein. Ich möchte einfach gerne schön aussehen; alles soll auch farblich passen.
Mir ist aufgefallen, dass Sie manchmal Kopftuch und Kapuzenshirt tragen. Wie haben Sie diesen Stil gefunden und wie wichtig ist Ihnen ein modisches Outfit?
Ich achte auf Mode, weil ich mich mit meinem Stil wohlfühlen möchte. Kopftuch und Kapuzenshirt habe ich mir selbst ausgesucht. Ich finde, es passt gut zusammen, weil ich das Kapuzenshirt im Winter über das Kopftuch packen kann. Es ist eine praktische Kombination und schützt gegen Kälte.
„Ich kannte immer schon mein Ziel und darauf konzentriere ich mich“
Woher haben Sie die Kraft genommen, Ihren Weg zu gehen?
Ich kannte immer schon mein Ziel und darauf konzentriere ich mich. Ich weiß, dass ich die abgeschlossene Ausbildung erreichen kann, wenn ich es will. Ich habe diesen langen Weg bis nach Deutschland geschafft und wenn es mir schlecht geht, erinnere ich mich an diese Tatsache. Gegen traurige Gefühle hilft es mir, mich zu schminken, allein auszugehen oder eine Massage zu nehmen. Ich mache etwas nur für mich.
Welche Vorstellung von Deutschland hatten Sie vor Ihrer Flucht? Wie ist die Realität?
Ich wusste nicht, was das für ein Land ist. In Deutschland kannst du viele Dinge erreichen, wenn du möchtest, auch als Mutter. Hier gibt es Kindergärten, Praktikumsangebote und Teilzeitausbildungen. Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten. Man muss aber die passende Möglichkeit finden, um seinen Weg zu gehen. Wenn du nur zuhause sitzt, passiert natürlich nichts.
„Ich mag es nicht, dass einige Leute zwischen Migrantinnen und Deutschen unterscheiden“
Was funktioniert in Ihren Augen nicht gut in Deutschland?
Es ist ärgerlich, wenn der ICE (oft) nicht fährt. Aber es gibt einen Grund dafür, deswegen akzeptiere ich das. Ich mag es nicht, dass einige Leute zwischen Migrantinnen und Deutschen unterscheiden. Zum Beispiel habe ich nur mithilfe meiner deutschen Nachbarin einen Kinderkrippenplatz gefunden. Das passiert auch bei der Bewerbung, wenn sie mein Bewerbungsfoto sehen. Ich wünsche mir, dass jeder die gleichen Chancen hat!
Wenn Sie Bundeskanzlerin wären, welches Gesetz würden Sie gerne beschließen?
Ich würde die Menschenrechte weiter stärken. Im Grundgesetz heißt es: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Am Frankfurter Hauptbahnhof liegen so viele Obdachlose auf der Straße. Es werden immer mehr! Ich fühle ein starkes Mitleid mit ihnen.
Istahil Hassan: Ich war sehr nervös. Es ist aber ein schönes Gefühl, wenn man bestanden hat. Die ganze Mühe hat sich gelohnt!
Wie sind Sie auf die Idee gekommen, eine Ausbildung als Verkäuferin zu machen?
Mir wurde vom Verein zur beruflichen Förderung von Frauen (VbFF) erzählt. Dort hat eine Sozialarbeiterin mit mir über meine Wünsche und Fähigkeiten gesprochen. Ich mag Mathematik und mit Menschen in Kontakt sein. Im dort angebotenen Kurs „Ankommen, Weiterkommen“ wurde ich im Fach Deutsch, dem Umgang mit dem Computer und Mathe unterrichtet. Ein wichtiges Fach war Berufsvorbereitung und Orientierung. Zuletzt wurde ich auf das Einzelhandelsgeschäft SchubLaden von der gemeinnützigen Faprik gGmbH aufmerksam gemacht, und ich habe mich dort beworben.
Das Projekt beim VbFF hieß „Ankommen, Weiterkommen“. Fühlen Sie sich in Deutschland „angekommen“?
Ja. Ich fühle mich angekommen. Am Anfang hatte ich Probleme mit der Kultur, der Sprache und dem Umgang mit den unbekannten Menschen. Ich konnte mich nicht verständigen und habe mich auf die deutsche Sprache konzentriert. Das war mein größter Wunsch: Diese Sprache zu lernen, um die Leute zu verstehen.
Was macht SchubLaden genau?
Die Faprik gGmbH fördert Ausbildungsprojekte für junge Frauen zwischen 16 und 27 Jahren. Im Bereich Einzelhandel und in der Gastronomie. Im Einzelhandel kann man direkt im SchubLaden eine Ausbildung zur Verkäuferin machen.
Sie absolvieren die Ausbildung im SchubLaden in Teilzeit?
Da ich Mutter von einem kleinen Sohn bin, konnte ich die Ausbildung nicht in Vollzeit machen. Mein Sohn braucht meine Unterstützung, weil mein Mann einer Vollzeitbeschäftigung mit Nachtschichten in einem Sicherheitsunternehmen nachgeht. Im SchubLaden werden Frauen aufgenommen, die wegen zum Beispiel fehlender Sprachkompetenzen Schwierigkeiten damit haben, einen Ausbildungsplatz zu finden.
In Ihrem Laden werden vor allem Spielsachen für Kinder verkauft. Aber auch Schreibutensilien und Motivpostkarten. Dürfen Sie manchmal selbst entscheiden, was im Laden ausgestellt werden soll?
Das Sortiment bestellt die Chefin. Ich kann aber sagen, was sich gut verkauft hat, und das wird nachbestellt. Wenn wir neue Waren bekommen, darf ich sie platzieren, wohin ich möchte. Sie korrigiert mich, wenn ihr meine Anordnung nicht passt.
Welche Aufgaben machen Sie auf der Arbeit am liebsten?
Ich gestalte gerne den Verkaufsraum. Meistens wollen die Kunden etwas über die Qualität und den Preis des Produktes erfahren. Wir haben Produkte aus recyceltem Material, und die Kunden möchten wissen, woran man das erkennt.
Woran erkennt man das?
Zum Beispiel am Blauen Engel! Wir haben viele ältere Kundinnen. Für sie scheint die Frage wichtiger zu sein als für jüngere.
Hatten Sie vor der Ausbildung zur Verkäuferin noch andere berufliche Ideen?
In meinem Heimatland wollte ich Ärztin werden. Hier in Deutschland habe ich gemerkt, dass das nicht einfach ist. Man braucht ein Studium. Mein B1-Abschluss und der Hauptschulabschluss haben für die Ausbildung zur Verkäuferin ausgereicht.
So wie Sie sich kleiden, könnten Sie Modedesignerin sein.
(Lacht). Warum denken Sie das? Nein. Ich möchte einfach gerne schön aussehen; alles soll auch farblich passen.
Mir ist aufgefallen, dass Sie manchmal Kopftuch und Kapuzenshirt tragen. Wie haben Sie diesen Stil gefunden und wie wichtig ist Ihnen ein modisches Outfit?
Ich achte auf Mode, weil ich mich mit meinem Stil wohlfühlen möchte. Kopftuch und Kapuzenshirt habe ich mir selbst ausgesucht. Ich finde, es passt gut zusammen, weil ich das Kapuzenshirt im Winter über das Kopftuch packen kann. Es ist eine praktische Kombination und schützt gegen Kälte.
Woher haben Sie die Kraft genommen, Ihren Weg zu gehen?
Ich kannte immer schon mein Ziel und darauf konzentriere ich mich. Ich weiß, dass ich die abgeschlossene Ausbildung erreichen kann, wenn ich es will. Ich habe diesen langen Weg bis nach Deutschland geschafft und wenn es mir schlecht geht, erinnere ich mich an diese Tatsache. Gegen traurige Gefühle hilft es mir, mich zu schminken, allein auszugehen oder eine Massage zu nehmen. Ich mache etwas nur für mich.
Welche Vorstellung von Deutschland hatten Sie vor Ihrer Flucht? Wie ist die Realität?
Ich wusste nicht, was das für ein Land ist. In Deutschland kannst du viele Dinge erreichen, wenn du möchtest, auch als Mutter. Hier gibt es Kindergärten, Praktikumsangebote und Teilzeitausbildungen. Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten. Man muss aber die passende Möglichkeit finden, um seinen Weg zu gehen. Wenn du nur zuhause sitzt, passiert natürlich nichts.
Was funktioniert in Ihren Augen nicht gut in Deutschland?
Es ist ärgerlich, wenn der ICE (oft) nicht fährt. Aber es gibt einen Grund dafür, deswegen akzeptiere ich das. Ich mag es nicht, dass einige Leute zwischen Migrantinnen und Deutschen unterscheiden. Zum Beispiel habe ich nur mithilfe meiner deutschen Nachbarin einen Kinderkrippenplatz gefunden. Das passiert auch bei der Bewerbung, wenn sie mein Bewerbungsfoto sehen. Ich wünsche mir, dass jeder die gleichen Chancen hat!
Wenn Sie Bundeskanzlerin wären, welches Gesetz würden Sie gerne beschließen?
Ich würde die Menschenrechte weiter stärken. Im Grundgesetz heißt es: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Am Frankfurter Hauptbahnhof liegen so viele Obdachlose auf der Straße. Es werden immer mehr! Ich fühle ein starkes Mitleid mit ihnen.
18. November 2024, 11.12 Uhr
Riccarda Gleichauf
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