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In Mathe haben deutsche Schüler bei der Pisa-Studie besonders schlecht abgeschnitten © Adobe/Woodapple
Pisa-Studie
Deutsche Schüler schneiden so schlecht ab wie noch nie
Die erste Pisa-Studie seit der Corona-Pandemie ist erschienen. Ergebnis: Deutsche Schüler schneiden besonders schlecht ab, vor allem in Mathematik. Die Reaktionen fallen derweil unterschiedlich aus – auch in Frankfurt und Hessen.
Das Ergebnis wurde von vielen mit Spannung erwartet – und nicht wenige haben es wahrscheinlich auch exakt so kommen sehen: In der internationalen Leistungsstudie Pisa im Jahr 2022 haben deutsche Schülerinnen und Schüler so schlecht wie nie zuvor abgeschnitten. Wie die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), die die Studie konzipiert hat, am Dienstag in Berlin mitteilte, sei auch international die durchschnittliche Leistung drastisch gesunken. Es ist das erste Pisa-Zeugnis seit der Corona-Pandemie.
Pisa heißt in Langform „Programme for International Student Assessment“ und ist die größte internationale Vergleichsstudie für Schulleistungen. Seit 2000 wird sie alle drei Jahre in den meisten Mitgliedsstaaten der OECD und in Partnerstaaten erhoben. Dabei werden die Fähigkeiten und Kenntnisse von 15-Jährigen beim Lesen, in der Mathematik und den Naturwissenschaften erfasst.
Pisa 2022: Schlechtester Schnitt bei deutschen Schülern seit Erhebung
Laut den neuesten Ergebnissen stürzten die deutschen Schüler vor allem in Mathematik ab: Sie erreichten einen Punktwert von 475, bei der vorherigen Untersuchung aus dem Jahr 2019 waren es noch 500. Ähnlich sieht es beim Lesen und in den Naturwissenschaften aus: Bei ersterem sank der Wert von 498 im Jahr 2019 auf 480 in 2022, bei letzteren von 503 auf 492.
In den Bereichen Mathematik und Lesekompetenz liegt Deutschland dennoch nahe am OECD-Durchschnitt und in den Naturwissenschaften sogar darüber. Experten zufolge ist jedoch die Lage nicht nur in Deutschland besorgniserregend: In diesem Zyklus habe es einen noch nie dagewesenen Leistungsabfall gegeben, heißt es in dem Bericht. „Im Vergleich zu 2018 sank die durchschnittliche Leistung in den OECD-Ländern um 10 Punkte im Lesen und fast 15 Punkte in Mathematik.“ Letzteres sei fast das Dreifache aller aufeinanderfolgenden Veränderungen.
Laut OECD ist der Rückgang etwa in Deutschland, Polen, Norwegen und Island besonders ausgeprägt – zwischen 2018 und 2022 verzeichneten diese Länder beispielsweise einen Rückschritt von 25 oder mehr Punkten in Mathematik.
Mögliche Ursachen für Pisa-Negativergebnis: Corona und mangelnde Sprachkenntnisse
Die Autoren der Studie sehen das schlechte Abschneiden der deutschen Schüler unter anderem in der Corona-Pandemie. Die vorliegenden Daten zeigen ihnen zufolge, dass die Schulschließungen sich negativ auf den Kompetenzerwerb auswirkten. In Deutschland sei der Distanzunterricht weniger mit digitalen Medien und mehr mit Materialien, die an die Jugendlichen geschickt wurden, bestritten worden als im OECD-Durchschnitt.
Ein weiterer möglicher Faktor für die Ergebnisse sind fehlende Sprachkenntnisse. „Ein zentraler Grund ist sicherlich, dass wir es nach wie vor nicht geschafft haben, eine frühe Sprachförderung für alle, die sie benötigen, durchgängig sicherzustellen“, sagte die Studienleiterin Doris Lewalter, Bildungsforscherin an der Technischen Universität München und Vorstandsvorsitzende des Zentrums für internationale Bildungsvergleichsstudien. Schüler mit „Zuwanderungshintergrund“ würden die deutsche Bildungssprache nicht bereits beherrschen, wenn sie nach Deutschland kommen, ergänzte sie.
Die Studie verweist aber auch darauf, dass nur sehr wenige OECD-Staaten zwischen 2018 und 2022 Teile ihrer Ergebnisse verbessern konnten – so zum Beispiel Japan im Lesen und in den Naturwissenschaften sowie Italien, Irland und Lettland in den Naturwissenschaften.
Bildungsgewerkschaft Hessen fordert mehr Lehr- und Fachkräfte
Die Reaktionen zu den kürzlich veröffentlichten Zahlen fallen sehr unterschiedlich aus; die abgeleiteten Forderungen divergieren ebenso. „Die Ergebnisse der aktuellen #Pisa-Studie sind ein Debakel. Sie zeigen, was passiert, wenn weiter an Bildung gekürzt wird. Das Mantra der #Schuldenbremse wird hochgehalten, während Schulen die marodesten Gebäude vieler Städte sind. Investiert endlich! Baut Schulen!“, fordert Michael Müller, Fraktionsvorsitzender der Linken im Römer, auf X.
Bildung müsse jetzt über alle Altersstufen hinweg in den Haushalten von Bund und Ländern priorisiert werden, sagte Karin Prien, stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende und schleswig-holsteinische Bildungsministerin, der Deutschen Presseagentur. In der Vergangenheit habe es Deutschland nicht geschafft, genügend qualifiziertes Personal an die Schulen zu bringen oder die Digitalisierung voranzutreiben. Stattdessen sei viel Zeit mit ideologischen Debatten über das Schulsystem verbracht worden.
Die Bildungsgewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Hessen zeigt sich ernüchtert über das Pisa-Zeugnis. In einer Mitteilung fordern sie „eine konsequente individuelle Förderung von Kindern und jungen Menschen“, besonders aus sozio-ökonomisch benachteiligten Haushalten. Dafür brauche es mehr Lehr- und Fachkräfte. Auch würden Erklärungsansätze, die sich allein auf Corona stützen, nicht greifen, weil der negative Trend schon im Jahr 2012 begonnen habe, so der Vorsitzende der GEW Hessen, Thilo Hartmann.
Pisa heißt in Langform „Programme for International Student Assessment“ und ist die größte internationale Vergleichsstudie für Schulleistungen. Seit 2000 wird sie alle drei Jahre in den meisten Mitgliedsstaaten der OECD und in Partnerstaaten erhoben. Dabei werden die Fähigkeiten und Kenntnisse von 15-Jährigen beim Lesen, in der Mathematik und den Naturwissenschaften erfasst.
Laut den neuesten Ergebnissen stürzten die deutschen Schüler vor allem in Mathematik ab: Sie erreichten einen Punktwert von 475, bei der vorherigen Untersuchung aus dem Jahr 2019 waren es noch 500. Ähnlich sieht es beim Lesen und in den Naturwissenschaften aus: Bei ersterem sank der Wert von 498 im Jahr 2019 auf 480 in 2022, bei letzteren von 503 auf 492.
In den Bereichen Mathematik und Lesekompetenz liegt Deutschland dennoch nahe am OECD-Durchschnitt und in den Naturwissenschaften sogar darüber. Experten zufolge ist jedoch die Lage nicht nur in Deutschland besorgniserregend: In diesem Zyklus habe es einen noch nie dagewesenen Leistungsabfall gegeben, heißt es in dem Bericht. „Im Vergleich zu 2018 sank die durchschnittliche Leistung in den OECD-Ländern um 10 Punkte im Lesen und fast 15 Punkte in Mathematik.“ Letzteres sei fast das Dreifache aller aufeinanderfolgenden Veränderungen.
Laut OECD ist der Rückgang etwa in Deutschland, Polen, Norwegen und Island besonders ausgeprägt – zwischen 2018 und 2022 verzeichneten diese Länder beispielsweise einen Rückschritt von 25 oder mehr Punkten in Mathematik.
Die Autoren der Studie sehen das schlechte Abschneiden der deutschen Schüler unter anderem in der Corona-Pandemie. Die vorliegenden Daten zeigen ihnen zufolge, dass die Schulschließungen sich negativ auf den Kompetenzerwerb auswirkten. In Deutschland sei der Distanzunterricht weniger mit digitalen Medien und mehr mit Materialien, die an die Jugendlichen geschickt wurden, bestritten worden als im OECD-Durchschnitt.
Ein weiterer möglicher Faktor für die Ergebnisse sind fehlende Sprachkenntnisse. „Ein zentraler Grund ist sicherlich, dass wir es nach wie vor nicht geschafft haben, eine frühe Sprachförderung für alle, die sie benötigen, durchgängig sicherzustellen“, sagte die Studienleiterin Doris Lewalter, Bildungsforscherin an der Technischen Universität München und Vorstandsvorsitzende des Zentrums für internationale Bildungsvergleichsstudien. Schüler mit „Zuwanderungshintergrund“ würden die deutsche Bildungssprache nicht bereits beherrschen, wenn sie nach Deutschland kommen, ergänzte sie.
Die Studie verweist aber auch darauf, dass nur sehr wenige OECD-Staaten zwischen 2018 und 2022 Teile ihrer Ergebnisse verbessern konnten – so zum Beispiel Japan im Lesen und in den Naturwissenschaften sowie Italien, Irland und Lettland in den Naturwissenschaften.
Die Reaktionen zu den kürzlich veröffentlichten Zahlen fallen sehr unterschiedlich aus; die abgeleiteten Forderungen divergieren ebenso. „Die Ergebnisse der aktuellen #Pisa-Studie sind ein Debakel. Sie zeigen, was passiert, wenn weiter an Bildung gekürzt wird. Das Mantra der #Schuldenbremse wird hochgehalten, während Schulen die marodesten Gebäude vieler Städte sind. Investiert endlich! Baut Schulen!“, fordert Michael Müller, Fraktionsvorsitzender der Linken im Römer, auf X.
Bildung müsse jetzt über alle Altersstufen hinweg in den Haushalten von Bund und Ländern priorisiert werden, sagte Karin Prien, stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende und schleswig-holsteinische Bildungsministerin, der Deutschen Presseagentur. In der Vergangenheit habe es Deutschland nicht geschafft, genügend qualifiziertes Personal an die Schulen zu bringen oder die Digitalisierung voranzutreiben. Stattdessen sei viel Zeit mit ideologischen Debatten über das Schulsystem verbracht worden.
Die Bildungsgewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Hessen zeigt sich ernüchtert über das Pisa-Zeugnis. In einer Mitteilung fordern sie „eine konsequente individuelle Förderung von Kindern und jungen Menschen“, besonders aus sozio-ökonomisch benachteiligten Haushalten. Dafür brauche es mehr Lehr- und Fachkräfte. Auch würden Erklärungsansätze, die sich allein auf Corona stützen, nicht greifen, weil der negative Trend schon im Jahr 2012 begonnen habe, so der Vorsitzende der GEW Hessen, Thilo Hartmann.
6. Dezember 2023, 11.26 Uhr
Till Geginat/dpa
Till Geginat
Jahrgang 1994, Studium der Theater-, Film- und Medienwissenschaft an der Goethe Universität Frankfurt, seit November 2022 beim JOURNAL FRANKFURT. Mehr von Till
Geginat >>
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