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Arbeitsagenturen überrascht
Verwirrung um BMAS: Kürzung bei Förderung von unter 25-Jährigen geplant
Das Bundesarbeitsministerium (BMAS) will unter 25-Jährige künftig von den Arbeitsagenturen betreuen lassen und nicht mehr von breiter aufgestellten Jobcentern. Das sorgt für Kritik an mehreren Stellen.
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) plant eine Umstrukturierung bei der Arbeitsförderung junger Erwachsener. Unter 25-Jährige sollen ab 2025 ausschließlich von den Arbeitsagenturen betreut werden und nicht länger von den Jobcentern, wie das BMAS auf Anfrage mitteilt.
Sozialdezernentin Elke Voitl (Bündnis 90/Die Grünen) kritisiert die Pläne des Ministeriums: „Gerade in Zeiten verstärkter und notwendiger Zuwanderung und des Fachkräftemangels ist eine nachhaltige Förderung von erheblichem gesellschaftlichen Interesse.“ Hilfestrukturen für junge Menschen sollten erhalten bleiben.
Info
Jobcenter kümmern sich um Bezieher von Bürgergeld (ehemals Hartz IV) und/oder deren Kinder. Sie werden in der Regel getragen von der Bundesagentur für Arbeit und einem kommunalen Träger. Sie sollen die Hilfsbedürftigkeit von Betroffenen verringern, die Einbindung in die Erwerbstätigkeit verbessern und langfristigen Leistungsbezug vermeiden. Die Arbeitsagenturen haben ähnliche Aufgaben, sind aber nicht so breit aufgestellt im Hinblick auf soziale Vernetzung. Doch gerade bei jungen Arbeitslosen ist der Kontakt zu anderen Stellen besonders wichtig.
Umstrukturierung soll Haushalt entschlacken
Die Verlagerung soll laut BMAS dazu dienen, Mittel des zweiten Teils des Sozialgesetzbuches (SGB II) in Höhe von 900 Millionen Euro im Bundeshaushalt einzusparen, die wiederum von der Arbeitslosenversicherung übernommen werden. Außerdem sollen laut der Stadt Frankfurt Mittel, mit denen Angebote der Arbeitsförderung finanziert werden, im Bundeshaushalt ab 2024 um 500 Millionen Euro gekürzt werden. Es besteht die Befürchtung, dass gerade an sozialen Stellen gekürzt wird.
Stadt und Landkreistag lehnen Änderung ab
Das hat laut Sozialdezernat mehrere Folgen für junge Menschen. Bislang gebe es nämlich Förderungen, die nur für Bürgergeld-Bezieher vorgesehen sind: etwa individuelle Hilfen bei der Ausbildung, der Bürgergeldbonus von 75 Euro für Jugendliche, die eine berufsvorbereitende Maßnahme in Anspruch nehmen sowie aufsuchende und sozialräumliche Angebote. Der Hessische Landkreistag kritisiert die angekündigten Änderungen ebenfalls.
Voitl betont die langjährig gewachsene und mit der Stadt stark vernetzte Arbeit des Jobcenters auch mit weiteren Stellen wie den städtischen Jugendbüros oder den Kinderbeauftragten. Derzeit profitieren laut Stadt rund 70 000 Menschen von Leistungen des Jobcenters, das zudem mit fast 1000 Mitarbeitern das größte Hessens ist.
Arbeitsagenturen laut Stadt nicht vorbereitet
Auf Anfrage erklärt das Sozialdezernat, dass die Arbeitsagenturen an diesen Strukturen nicht beteiligt seien. Solche müssten dann erst geschaffen werden. Auch bräuchte es ein „aufwendiges Übergangsmanagement“: Den Plänen zufolge sollen nämlich nur Menschen unter 25 Jahren von den Agenturen betreut werden. Ist die Altersgrenze überschritten, würden sie wieder in die Zuständigkeit des Jobcenters fallen. Dies sorgt vielerorten für Verwirrung.
Das BMAS erklärt unterdessen, die „vorhandenen Netzwerke“ nutzen zu wollen und „ein abgestimmtes Leistungsangebot der Akteure“ zu erhalten und auszubauen. Dies sei der Leitgedanke. „Die Vorarbeiten für die inhaltliche Ausgestaltung des Übergangs der Betreuung der Jugendlichen und jungen Erwachsenen werden zeitnah beginnen“, heißt es vom Ministerium.
Kritik auch von der Gewerkschaft
Die Gewerkschaft Arbeit und Soziales (vbba) übt ebenfalls Kritik an den Plänen des BMAS, wie aus einer Mitteilung vom Juli hervorgeht. In vielen Jobcentern und Arbeitsagenturen herrsche eine „große Unruhe“ unter den Beschäftigten angesichts der geplanten Änderungen. Überhaupt hätte die Informationsweitergabe seitens des BMAS zu seinen Absichten zu wünschen übrig gelassen. Selbst die Bundesagentur für Arbeit sei von der Ankündigung überrascht gewesen.
Die vbba sorgt sich vor allem um die Beschäftigungsverhältnisse in den Jobcentern bei der Umorganisation und um deren genaue Gestaltung. Zu klären sei etwa, was mit den Jugendberufsagenturen an vielen Orten passiere. Ebenso stelle sich die Frage, wie die Umstrukturierung auf den „ganzheitlichen Vermittlungsansatz des SGB II“ abzustimmen sei. „Man ist nicht gut beraten, fiskalische Gründe über fachlich-organisatorische Argumente zu stellen“, heißt es vonseiten der Gewerkschaft.
Sozialdezernentin Elke Voitl (Bündnis 90/Die Grünen) kritisiert die Pläne des Ministeriums: „Gerade in Zeiten verstärkter und notwendiger Zuwanderung und des Fachkräftemangels ist eine nachhaltige Förderung von erheblichem gesellschaftlichen Interesse.“ Hilfestrukturen für junge Menschen sollten erhalten bleiben.
Jobcenter kümmern sich um Bezieher von Bürgergeld (ehemals Hartz IV) und/oder deren Kinder. Sie werden in der Regel getragen von der Bundesagentur für Arbeit und einem kommunalen Träger. Sie sollen die Hilfsbedürftigkeit von Betroffenen verringern, die Einbindung in die Erwerbstätigkeit verbessern und langfristigen Leistungsbezug vermeiden. Die Arbeitsagenturen haben ähnliche Aufgaben, sind aber nicht so breit aufgestellt im Hinblick auf soziale Vernetzung. Doch gerade bei jungen Arbeitslosen ist der Kontakt zu anderen Stellen besonders wichtig.
Die Verlagerung soll laut BMAS dazu dienen, Mittel des zweiten Teils des Sozialgesetzbuches (SGB II) in Höhe von 900 Millionen Euro im Bundeshaushalt einzusparen, die wiederum von der Arbeitslosenversicherung übernommen werden. Außerdem sollen laut der Stadt Frankfurt Mittel, mit denen Angebote der Arbeitsförderung finanziert werden, im Bundeshaushalt ab 2024 um 500 Millionen Euro gekürzt werden. Es besteht die Befürchtung, dass gerade an sozialen Stellen gekürzt wird.
Das hat laut Sozialdezernat mehrere Folgen für junge Menschen. Bislang gebe es nämlich Förderungen, die nur für Bürgergeld-Bezieher vorgesehen sind: etwa individuelle Hilfen bei der Ausbildung, der Bürgergeldbonus von 75 Euro für Jugendliche, die eine berufsvorbereitende Maßnahme in Anspruch nehmen sowie aufsuchende und sozialräumliche Angebote. Der Hessische Landkreistag kritisiert die angekündigten Änderungen ebenfalls.
Voitl betont die langjährig gewachsene und mit der Stadt stark vernetzte Arbeit des Jobcenters auch mit weiteren Stellen wie den städtischen Jugendbüros oder den Kinderbeauftragten. Derzeit profitieren laut Stadt rund 70 000 Menschen von Leistungen des Jobcenters, das zudem mit fast 1000 Mitarbeitern das größte Hessens ist.
Auf Anfrage erklärt das Sozialdezernat, dass die Arbeitsagenturen an diesen Strukturen nicht beteiligt seien. Solche müssten dann erst geschaffen werden. Auch bräuchte es ein „aufwendiges Übergangsmanagement“: Den Plänen zufolge sollen nämlich nur Menschen unter 25 Jahren von den Agenturen betreut werden. Ist die Altersgrenze überschritten, würden sie wieder in die Zuständigkeit des Jobcenters fallen. Dies sorgt vielerorten für Verwirrung.
Das BMAS erklärt unterdessen, die „vorhandenen Netzwerke“ nutzen zu wollen und „ein abgestimmtes Leistungsangebot der Akteure“ zu erhalten und auszubauen. Dies sei der Leitgedanke. „Die Vorarbeiten für die inhaltliche Ausgestaltung des Übergangs der Betreuung der Jugendlichen und jungen Erwachsenen werden zeitnah beginnen“, heißt es vom Ministerium.
Die Gewerkschaft Arbeit und Soziales (vbba) übt ebenfalls Kritik an den Plänen des BMAS, wie aus einer Mitteilung vom Juli hervorgeht. In vielen Jobcentern und Arbeitsagenturen herrsche eine „große Unruhe“ unter den Beschäftigten angesichts der geplanten Änderungen. Überhaupt hätte die Informationsweitergabe seitens des BMAS zu seinen Absichten zu wünschen übrig gelassen. Selbst die Bundesagentur für Arbeit sei von der Ankündigung überrascht gewesen.
Die vbba sorgt sich vor allem um die Beschäftigungsverhältnisse in den Jobcentern bei der Umorganisation und um deren genaue Gestaltung. Zu klären sei etwa, was mit den Jugendberufsagenturen an vielen Orten passiere. Ebenso stelle sich die Frage, wie die Umstrukturierung auf den „ganzheitlichen Vermittlungsansatz des SGB II“ abzustimmen sei. „Man ist nicht gut beraten, fiskalische Gründe über fachlich-organisatorische Argumente zu stellen“, heißt es vonseiten der Gewerkschaft.
2. August 2023, 12.28 Uhr
Till Geginat
Till Geginat
Jahrgang 1994, Studium der Theater-, Film- und Medienwissenschaft an der Goethe Universität Frankfurt, seit November 2022 beim JOURNAL FRANKFURT. Mehr von Till
Geginat >>
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