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Vor Gericht
Wie umgehen mit jungen Straftätern, die perspektivlos sind?
Das Jugendschöffengericht in Frankfurt verurteilt einen jungen Straftäter zu acht Monaten Jugendgefängnis. Wie es danach weitergeht? Das fragt sich Christoph Schröder in seiner Gerichts-Kolumne.
Viel interessanter als der eigentliche Fall ist die Geschichte dahinter. Vor dem Jugendschöffengericht steht Herr N., mittlerweile 20 Jahre alt. Ein gepflegt aussehender junger Mann mit Lockenkopf und gestutztem Bart. Er wird in Handfesseln von einem Beamten in den Saal geführt. 2019 ist Herr N. als unbegleiteter Flüchtling aus Algerien nach Deutschland eingereist. Seitdem hat er im Grunde alles falsch gemacht, was er nur falsch machen konnte.
Deutsch hat er nicht gelernt, weswegen er einen Dolmetscher braucht. An die Auflagen der Behörden hat er sich nicht gehalten; sein Aufenthaltsort war über Monate lang unbekannt. Zwischenzeitlich hat er sich wohl in Belgien aufgehalten, wo er auf einem Markt gearbeitet haben will. Was für ein Markt das gewesen sei, fragt die Richterin, und der Angeklagte antwortet, dort seien Zigaretten verkauft worden. Den Rest denkt man sich.
Acht Monate Gefängnis für 20-Jährigen: Wie soll es danach weitergehen?
Wenn Herr N. in Erscheinung getreten ist, dann strafrechtlich. 2021 wurde er zu einer siebenmonatigen Bewährungsstrafe wegen Diebstahls und Hausfriedensbruchs verurteilt. Die Sache jetzt hat ein anderes Kaliber: Raub in einem besonders schweren Fall wird Herrn N. vorgeworfen. Gemeinsam mit drei anderen Männern soll er im Mai 2021 im Frankfurter Bahnhofsviertel eine junge Frau bedrängt haben, um ihre Halskette zu stehlen und die Frau dabei mit der Flamme eines Gasfeuerzeugs massiv bedroht haben. Herr N. legt ein volles Geständnis ab; zwei seiner Mittäter sind bereits zu Gefängnisstrafen verurteilt worden.
Durch seine Kooperationsbereitschaft erspart Herr N. dem Opfer zumindest einen weiteren Auftritt vor Gericht. Doch wie soll es weitergehen? Herr N. hat keine Perspektive, keine Ausbildung. Die Jugendgerichtshilfe attestiert ihm schädliche Neigungen. Die Richterin verurteilt ihn zu acht Monaten Jugendgefängnis ohne Bewährung. Nach der Verbüßung kann Herr N. noch einmal einen ordentlichen Asylantrag stellen. Wenn nicht in der Zwischenzeit die Behörden einen Antrag auf Ausweisung stellen. Was wahrscheinlich ist.
Deutsch hat er nicht gelernt, weswegen er einen Dolmetscher braucht. An die Auflagen der Behörden hat er sich nicht gehalten; sein Aufenthaltsort war über Monate lang unbekannt. Zwischenzeitlich hat er sich wohl in Belgien aufgehalten, wo er auf einem Markt gearbeitet haben will. Was für ein Markt das gewesen sei, fragt die Richterin, und der Angeklagte antwortet, dort seien Zigaretten verkauft worden. Den Rest denkt man sich.
Wenn Herr N. in Erscheinung getreten ist, dann strafrechtlich. 2021 wurde er zu einer siebenmonatigen Bewährungsstrafe wegen Diebstahls und Hausfriedensbruchs verurteilt. Die Sache jetzt hat ein anderes Kaliber: Raub in einem besonders schweren Fall wird Herrn N. vorgeworfen. Gemeinsam mit drei anderen Männern soll er im Mai 2021 im Frankfurter Bahnhofsviertel eine junge Frau bedrängt haben, um ihre Halskette zu stehlen und die Frau dabei mit der Flamme eines Gasfeuerzeugs massiv bedroht haben. Herr N. legt ein volles Geständnis ab; zwei seiner Mittäter sind bereits zu Gefängnisstrafen verurteilt worden.
Durch seine Kooperationsbereitschaft erspart Herr N. dem Opfer zumindest einen weiteren Auftritt vor Gericht. Doch wie soll es weitergehen? Herr N. hat keine Perspektive, keine Ausbildung. Die Jugendgerichtshilfe attestiert ihm schädliche Neigungen. Die Richterin verurteilt ihn zu acht Monaten Jugendgefängnis ohne Bewährung. Nach der Verbüßung kann Herr N. noch einmal einen ordentlichen Asylantrag stellen. Wenn nicht in der Zwischenzeit die Behörden einen Antrag auf Ausweisung stellen. Was wahrscheinlich ist.
18. Dezember 2023, 10.00 Uhr
Christoph Schröder
Christoph Schröder
Christoph Schröder studierte in Mainz Germanistik, Komparatistik und Philosophie. Seine Interessensschwerpunkte liegen auf der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur und dem Literaturbetrieb. Er ist Dozent für Literaturkritik an der Goethe-Universität Frankfurt. Mehr von Christoph
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