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Hessischer Filmpreis

Aber ein bisschen mehr Oscar-Stimmung ...

Der Schauspieler Christoph Gérard Stein hat für das JOURNAL den Hessischen Filmpreis besprochen. Weniger glamourös, aber inhaltlich anspruchsvoller, schreibt er.
Die Verleihung des Hessischen Film- und Kinopreis 2023 in der Alten Oper war diesmal weniger glamourös, dafür inhaltlich anspruchsvoll.
Der rote Teppich war ausgerollt und auch das Wetter spielte mit. Mit großer Freude betrat ich gestern Abend den Laufsteg, der eigens und endlich wieder für uns Schauspieler, Künstler und Filmschaffende arrangiert war. Alles war so reibungslos organisiert, man musste nur das Iphone zücken und schon war die Platzwahl bekannt. Im Foyer erfreuten perlende Getränke und Popkorn in allen Varianten. Der Plausch mit den Kollegen erfreute. Ein wirklich passendes Entree zu einem großen Abend unserer Branche.

Allerdings war ich da schon überrascht, dass schräge Outfits, glitzernde Ballkleider und all das, was man unter „Glamour“ verstehen darf, fehlte. Na ja, wir sind halt in Frankfurt und nicht an der Croisette, zugegeben.

Hessischer Filmpreis in der Alten Oper Frankfurt

In diesen Tagen, da haben die „Ballmacher“ Hessenfilm und Medien GmbH unter der Ägide der Hessischen Wissenschafts- und Kunstministerium Angela Dorn völlig recht, spielen politische Ereignisse eine bedeutende Rolle. Aber ein bisschen mehr Oscar-Stimmung wäre zuträglich gewesen.

Meine Highlights:
Den diesjährigen Ehrenpreis des Hessischen Ministerpräsidenten erhielt die außergewöhnliche Schauspielerin und Präsidentin der Deutschen Filmakademie Alexandra Maria Lara. Sie war erst kürzlich mit ihrem Ehemann Sam Riley zu Gast im Filmmuseum Frankfurt. Alexandra Maria Lara konnte zwar nicht vor Ort sein, jedoch war sie live aus Fuerteventura zugeschaltet und war sichtlich zutiefst berührt von der Ehrung. Herzlichen Glückwunsch nochmal an dieser Stelle!!!

Der Newcomerpreis ging an den deutsch-iranischen Filmemacher Behrooz Karamizade. Er wies in seiner Dankesrede u.a. auf den tragischen Tod des iranischen Regisseurs Dariusch Mehrdschui und seiner Frau Wahideh Mohammadifar in Teheran hin. Beide wurden erst vor wenigen Tagen in ihrem Haus getötet. Dies sei eine tiefe Zäsur für alle Filmemacher weltweit, so Karamizade. Mehrdschui gehörte zu den Pionieren des Neuen Iranischen Films.

Kategorie „Bester Dokumentarfilm“: Julian Vogels „Einzeltäter Teil 3: Hanau“

Julian Vogels „Einzeltäter Teil 3: Hanau“ gewann zu Recht in der Kategorie „Bester Dokumentarfilm“ gewonnen. An dieser Stelle möchte ich der diesjährigen Jury für ihre klugen und feinsinnigen Entscheidungen danken!

Am 19. Februar 2020 ermordete ein Rechtsterrorist neun Menschen in Hanau: Said Nesar Hashemi, Hamza Kenan Kurtović, Ferhat Unvar, Sedat Gürbüz, Fatih Saraçoğlu, Gökhan Gültekin, Vili Viorel Păun, Mercedes Kierpacz und Kaloyan Velkov. Vogel zeichnet ein Porträt dreier betroffener Familien zwischen Wut, Trauer und Entschlossenheit – für Konsequenzen und Gerechtigkeit.

„Zelle 5 – Eine Rekonstruktion” von Mario Pfeifer gewann in der Rubrik „Bester Kurzfilm”. Dass der Sierra Leoner Oury Jalloh in einer Dessauer Polizeizelle verbrannte, ist fast 19 Jahre her. Der Name ist heute in der Öffentlichkeit untrennbar mit einem der größten Polizei- und Justizskandale der Nachkriegsgeschichte verbunden.

Enissa Amani, deutsch-iranische Stand-up Comedian, sprach sich gegen Rechtsextremismus aus


Enissa Amani, deutsch-iranische Stand-up Comedian und Schirmfrau des diesjährigen Human Rights Film Festival Berlin, hatte eine wichtige Botschaft „Wir müssen das Mit- und Füreinander noch mehr sichtbar machen“, und sprach sich in ihrer sehr berührenden Laudatio gegen Rechtsextremismus aus. Danke Enissa!

Aus Sicht von uns Schauspielern hatte die hr-Jury noch einen wirklich großartigen Einfall. Zum ersten Mal ehrte sie das ganzesEnsemble der ARD-Degeto-Kinokoproduktion „Was man von hier aus sehen kann“, nach dem gleichnamigen Roman von Mariana Leky unter der Regie von Aron Lehmann.

Insgesamt schade, dass es trotz der tollen Location dem nicht ganz harmonierendem Moderatorenteam Annabelle Mandeng und Rainer Ewerrien nicht gelang, der Preisverleihung ausreichend Schwung, Struktur und Leichtigkeit zu verleihen. Ich bin auf die nächste Ausgabe in 2024 gespannt!


Info

Christoph Gérard Stein (*1971) wurde in Goslar als Sohn einer Französin und eines Deutschen geboren und wuchs u.a. in Besançon auf. Stein absolvierte von 1999 bis 2002 eine Ausbildung an der Schauspielschule „Plot“ zum staatlich anerkannten Schauspieler. Durch den Besuch von Workshops u.a. bei Kirk Baltz (Actor’s Intensive), Hendrik Martz (Meisner Technik), Matthias Beier (Method Acting nach Susan Batson) und Jens Roth (source tuning) ergänzte er seine Schauspiel-Ausbildung. Er wird aktuell von der ZAV (Köln) vertreten.
 
Fotogalerie:
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22. Oktober 2023, 09.54 Uhr
Christoph Gérard Stein
 
 
 
 
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