Partner
Frankfurt
Dunkle Zeiten nicht nur für die Mannschaft – Verschwinden geht aber nicht
Bei der aktuellen Nachrichtenlage scheint eine Realitätsflucht während der Feiertage verlockend. Unser Kolumnist Christoph Schröder meint, dass das jedoch kaum möglich ist.
Der November war wahrhaftig und in vielfacher Hinsicht ein dunkler Monat. Das gilt für die Politik wie für die Mannschaft, die früher Nationalmannschaft hieß, oder auch für eine einstmals bedeutende Weltkunstschau in Kassel. Und für noch ein paar andere Dinge. Der letzte Monat des Jahres ist ja immer auch so etwas wie eine Verlockung, einfach abzutauchen, sich wegzuducken. Auch aus den sozialen Medien.
Erstaunlicherweise habe ich gerade in diesem besagten November ein ziemlich lustiges Buch gelesen, das sich mit dem Wunsch nach dem Verschwinden aus der Welt beschäftigt. In „Nincshof“, dem Debütroman der Österreicherin Johanna Sebauer, formt sich eine revolutionäre Zelle, die so genannten Oblivisten, die es sich zum Ziel gesetzt haben, ein ganzes Dorf zum Verschwinden zu bringen. Auch auf Landkarten und im Internet soll der Flecken im Burgenland nicht mehr zu finden sein.
Realitätsflucht bei der aktuellen Nachrichtenlage in Frankfurt scheint verlockend
Reizvolle Idee, funktioniert natürlich nicht. Aber ganz schön wäre es schon, sich zu absentieren, wenn man sich mal so umguckt und den Prognosen und dem Geraune glaubt, was im kommenden Jahr alles so verschwinden könnte. Die Gastronomie zum Beispiel in großen Teilen (Umsatzsteuer!), allen voran erst einmal die traditionsreiche Stalburg. Gerüchteweise auch die Frankfurter Kulturdezernentin (ins Ministerium für Wissenschaft und Kunst nach Wiesbaden, wo sie sich dann mit dem selbstgemachten Schwund der documenta auseinanderzusetzen hätte).
Mir wäre es auch ganz lieb, wenn mir zwei Kilogramm meines Bauchspecks wegschmelzen könnten, aber die Neigung zu guten oder schlechten oder überhaupt irgendwelchen Vorsätzen ist wiederum mir schon seit langem abhanden gekommen. Aber im Ernst: Ich kenne tatsächlich mehrere Leute, die die Nachrichtenlage und die geballte Wut, mit der Menschen in der Realität und im Netz aufeinander losgehen, wirklich in ein tiefes Loch gestürzt haben. „Alles wird immer nur noch schlechter“ – den Satz habe ich ziemlich oft gelesen in den letzten Wochen. Und so ein Gefühl verschwindet nicht so schnell.
Erstaunlicherweise habe ich gerade in diesem besagten November ein ziemlich lustiges Buch gelesen, das sich mit dem Wunsch nach dem Verschwinden aus der Welt beschäftigt. In „Nincshof“, dem Debütroman der Österreicherin Johanna Sebauer, formt sich eine revolutionäre Zelle, die so genannten Oblivisten, die es sich zum Ziel gesetzt haben, ein ganzes Dorf zum Verschwinden zu bringen. Auch auf Landkarten und im Internet soll der Flecken im Burgenland nicht mehr zu finden sein.
Reizvolle Idee, funktioniert natürlich nicht. Aber ganz schön wäre es schon, sich zu absentieren, wenn man sich mal so umguckt und den Prognosen und dem Geraune glaubt, was im kommenden Jahr alles so verschwinden könnte. Die Gastronomie zum Beispiel in großen Teilen (Umsatzsteuer!), allen voran erst einmal die traditionsreiche Stalburg. Gerüchteweise auch die Frankfurter Kulturdezernentin (ins Ministerium für Wissenschaft und Kunst nach Wiesbaden, wo sie sich dann mit dem selbstgemachten Schwund der documenta auseinanderzusetzen hätte).
Mir wäre es auch ganz lieb, wenn mir zwei Kilogramm meines Bauchspecks wegschmelzen könnten, aber die Neigung zu guten oder schlechten oder überhaupt irgendwelchen Vorsätzen ist wiederum mir schon seit langem abhanden gekommen. Aber im Ernst: Ich kenne tatsächlich mehrere Leute, die die Nachrichtenlage und die geballte Wut, mit der Menschen in der Realität und im Netz aufeinander losgehen, wirklich in ein tiefes Loch gestürzt haben. „Alles wird immer nur noch schlechter“ – den Satz habe ich ziemlich oft gelesen in den letzten Wochen. Und so ein Gefühl verschwindet nicht so schnell.
25. Dezember 2023, 16.00 Uhr
Christoph Schröder
Christoph Schröder
Christoph Schröder studierte in Mainz Germanistik, Komparatistik und Philosophie. Seine Interessensschwerpunkte liegen auf der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur und dem Literaturbetrieb. Er ist Dozent für Literaturkritik an der Goethe-Universität Frankfurt. Mehr von Christoph
Schröder >>
Mehr Nachrichten aus dem Ressort Meinung
Meinung
Fehlgeleitete Protestkultur
In Höchst wurde das Bismarck-Denkmal gestürzt. Anonyme Aktivisten der „Antikolonialen Bewegung“ haben sich dazu bekannt. Und man muss sich fragen: Was soll das?
Text: Jasmin Schülke / Foto: © Klaus Berger
MeinungMeistgelesen
22. November 2024
Journal Tagestipps
Freie Stellen