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Das postfaktische Zeitalter
Reißt Euch zusammen, verdammt nochmal
Egal, ob in der ersten türkischen Liga oder bei den Spielen der Eintracht Frankfurt im Waldstadion, Gewalt gegenüber Schiedsrichtern ist nie gerechtfertigt. Sagt unser Kolumnist Christoph Schröder.
Im November 1988, vor etwas mehr als 35 Jahren, habe ich meine Prüfung als Fußballschiedsrichter abgelegt. Wie viele Spiele ich seitdem gepfiffen habe, weiß ich nicht genau; es dürften mehr als 1500 sein. Seitdem war ich ein einziges Mal, im Jahr 2001, ganz kurz davor, auf dem Platz verprügelt zu werden. Es ging gerade noch gut, weil eine der beiden Mannschaften mich beschützte. Ein paar Mal musste die Polizei kommen, um mich zum Auto zu begleiten. All das ist vergleichsweise glimpflich. Ich hatte schlicht Glück.
Nicht so viel Glück hatte der türkische Schiedsrichter Halil Umut Meler, der in der ersten türkischen Liga von einem Vereinspräsidenten und dessen Schergen zu Boden geschlagen und getreten wurde. Einige Wochen zuvor konnte Eintracht-Spieler Kristijan Jakic seine Fresse nicht halten und bedrängte nach seinem Platzverweis den Schiedsrichter auf eine Art und Weise, dass ich mich als Eintracht-Freund in Grund und Boden geschämt habe. Nein, nicht nur das – ich hatte eine Stinkwut auf diesen Typen. Und ich hoffe, er verlässt die Eintracht zur Winterpause.
Es ist vollkommen gleichgültig, was ein Schiedsrichter entscheidet – es rechtfertigt nie, niemals einen körperlichen Angriff
Und was lese ich in den sozialen Medien als Reaktion auf diese unentschuldbaren Übergriffe? „Wo ist der Respekt der Schiris gegenüber den Spielern?“ „Wie gut, das Jakic in diesem Profigeschäft noch menschliche Seiten und Emotionen zeigt!“ „Das ist nicht OK, aber man sollte mal gucken, was der Schiri vorher alles falsch gemacht hat.“ „Bei dem arroganten Getue der Schiri-Diktatoren wundert mich das nicht.“ Undsoweiter. Nur eine zufällige Auswahl.
Ich muss ernsthaft sagen: Ich kann und will diesen Dreck nicht mehr lesen oder hören. Erstens: Wer das nächste Mal das Wort „Emotionen“ benutzt, wenn irgendein Fußball-Assi sich wieder mal nicht benehmen kann, wird mit Emo-Musik-Dauerberieselung bestraft. Zweitens: Es ist vollkommen gleichgültig, was ein Schiedsrichter entscheidet und als wie ungerecht das Volksempfinden eines Fans diese Entscheidungen empfinden mag – es rechtfertigt nie, niemals einen körperlichen Angriff. Reißt Euch zusammen, verdammt nochmal.
Nicht so viel Glück hatte der türkische Schiedsrichter Halil Umut Meler, der in der ersten türkischen Liga von einem Vereinspräsidenten und dessen Schergen zu Boden geschlagen und getreten wurde. Einige Wochen zuvor konnte Eintracht-Spieler Kristijan Jakic seine Fresse nicht halten und bedrängte nach seinem Platzverweis den Schiedsrichter auf eine Art und Weise, dass ich mich als Eintracht-Freund in Grund und Boden geschämt habe. Nein, nicht nur das – ich hatte eine Stinkwut auf diesen Typen. Und ich hoffe, er verlässt die Eintracht zur Winterpause.
Und was lese ich in den sozialen Medien als Reaktion auf diese unentschuldbaren Übergriffe? „Wo ist der Respekt der Schiris gegenüber den Spielern?“ „Wie gut, das Jakic in diesem Profigeschäft noch menschliche Seiten und Emotionen zeigt!“ „Das ist nicht OK, aber man sollte mal gucken, was der Schiri vorher alles falsch gemacht hat.“ „Bei dem arroganten Getue der Schiri-Diktatoren wundert mich das nicht.“ Undsoweiter. Nur eine zufällige Auswahl.
Ich muss ernsthaft sagen: Ich kann und will diesen Dreck nicht mehr lesen oder hören. Erstens: Wer das nächste Mal das Wort „Emotionen“ benutzt, wenn irgendein Fußball-Assi sich wieder mal nicht benehmen kann, wird mit Emo-Musik-Dauerberieselung bestraft. Zweitens: Es ist vollkommen gleichgültig, was ein Schiedsrichter entscheidet und als wie ungerecht das Volksempfinden eines Fans diese Entscheidungen empfinden mag – es rechtfertigt nie, niemals einen körperlichen Angriff. Reißt Euch zusammen, verdammt nochmal.
13. Januar 2024, 13.00 Uhr
Christoph Schröder
Christoph Schröder
Christoph Schröder studierte in Mainz Germanistik, Komparatistik und Philosophie. Seine Interessensschwerpunkte liegen auf der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur und dem Literaturbetrieb. Er ist Dozent für Literaturkritik an der Goethe-Universität Frankfurt. Mehr von Christoph
Schröder >>
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