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Bier-Brezel-Wirt und Stammgäste sind verärgert

Telefonladen statt Kult-Kneipe

Die Bier-Brezel ist seit Dezember 2017 zu. Laut Eigentümer musste sie raus, weil man sich im Haus etwas „Hipperes“ wünsche. Nun befindet sich ein Telefonladen an Ort und Stelle. Im Viertel regt sich Unverständnis.
Die Bier-Brezel (Kaiserstraße 68) war die älteste Kult-Kneipe auf der Kaiserstraße. Anfang Dezember 2017 musste der Betrieb nach 30 Jahren eingestellt werden – für Betreiber und Stammgäste sehr schmerzlich. Wie wir damals berichteten, begründen die Hauseigentümer Ronny Shmider und Diana Eugenie, dass sie sich im Objekt etwas „Hippes, Kreatives“ vorstellen. Eine Gastronomie, die dies erfüllt, war gewünscht.

Shmider plante, eine Dependence der Zigarrenlounge von Mercedes Reyes (Kaiserstraße 60), in die Räumlichkeiten einziehen zu lassen. Doch es kam erst gar nicht dazu, weil die Zigarrenlounge „kurzfristig abgesprungen“ sei, so Shmider. Das kann Gina Marquardt, Tochter der Betreiberin Mercedes Reyes, nicht bestätigen: „Wir wollten erstmal eine Kalkulation und einen Business-Plan aufstellen, um herauszufinden, ob sich das für uns überhaupt rentieren kann.“ Zwischenzeitlich wurden den Bier-Brezel-Betreibern, Michael Reichert und Natalie Hölzer, gekündigt und die Ladenflächen entkernt. Doch offensichtlich ist die Kosten-Nutzen-Rechnung für Mercedes Reyes Zigarrenlounge nicht aufgegangen. „Wir sind nicht kurzfristig abgesprungen, hatten ohnehin nie etwas unterschrieben“, betont Marquardt.




Das ehemalige Interieur wurde komplett entkernt, Foto: Bier-Brezel

Und jetzt? An Stelle der Bier-Brezel hat hier ein Telefonladen Einzug gehalten. Marquardt vermutet, dass sich aufgrund der hohen Mietkosten nichts anderes gefunden haben könnte. Schließlich seien die auch ein Hinderungsgrund für die Zigarrenlounge gewesen. „Ideal ist das mit dem Telefonladen nicht. Wir hätten uns auch etwas anderes gewünscht“, so Shmider. Der Mietvertrag für den Laden habe eine Laufzeit von zwölf Monaten mit der Option, auf Verlängerung von einem weiteren Jahr. Der Telefonladen sei also nur eine Übergangslösung, bis sich etwas anderes gefunden habe, das mehr seinen Vorstellungen entspreche.




So sah es vor der Kaiserstraße 68 noch im Dezember 2017 aus, Foto:Bier-Brezel

Der Einzug des Telefonladens verärgert die Bier-Brezel-Betreiber, deren ehemalige Stammgäste und löst Verwunderung aus, bei denen, die das Viertel kennen. Gisela Paul, Grüne-Soße-Verkäuferin, Initiatorin des Kaisermarktes und Präsidiumsmitglied der Vereins Bahnhofs- und Gutleutviertel, war ein solcher Stammgast. „Mir bricht es das Herz. Wir müssen es aber leider so nehmen, wie es ist. Gefallen tut es uns nicht“, sagt die Frankfurterin. Nathalie Hölzer, Lebensgefährtin von Bier-Brezel-Betreiber, Michael Reichert, ist irritiert und geschockt: „Sie müssen sich mal die Fassade anschauen, da fällt Ihnen nichts mehr ein! Das ist definitiv nichts ‚Kreatives‘. Das ist ein Witz!“. Fotograf und Bahnhofsviertel-Guide Ulrich Mattner sagt: „Der allgemeine Trend geht dahin, dass immer mehr Läden, die den Charme des Viertels ausmachen, weichen. Ob die Bier-Brezel das war, weiß ich jetzt auch nicht. Ein solcher Telefonladen sorgt jedenfalls nicht für Vielfalt im Bahnhofsviertel. Attraktiver wird’s dadurch nicht“. Die charmanten „Multi-Kulti-Läden“, wie Mattner sie nennt, bereichern das Viertel, „und die haben zunehmend Probleme, wegen steigender Mieten. Das ist bedauerlich, aber das ist nun mal das System, in dem wir leben: Kapitalismus.“
 
Fotogalerie:
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17. April 2018, 11.29 Uhr
Katrin Börsch
 
 
 
 
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