Partner
No Sex in the City
Kolumne von Ana Marija Milkovic
Von Prada, Mäckler-Watch und einem windigen Hüftschwung-Hochhaus
Unsere Kolumnistin hat die Fondazione Prada in Mailand besucht. Sie zieht daraus so ihre Schlüsse, etwa auf den auch in Frankfurt tätigen Konzern TishmanSpeyer und überhaupt: die Freiheit!
Bevor ich beginne, muss ich noch schnell ein paar Worte zu Harald Martenstein loswerden. Der Kolumnist der Zeit widmete sich in seiner letzten Kolumne dem Politologen Herfried Münkler. Martenstein sagt, die Vergangenheit ließe sich nicht ändern. Diese Feststellung erstaunt mich, denn die Vergangenheit bietet vielen Menschen Anlass genug, an ihr herumzuschrauben. Vergangenes rezipiert sich nun einmal über Wahrnehmung, auch aus Abhandlungen Dritter. So Martenstein. So Münkler. So Studenten. So ich.
Münkler scheint bei einigen seiner Studenten wenig gut gelitten. Böse Zungen behaupten, er sei ein Rassist. Ich glaube das nicht. Ich glaube, Münkler ist Ideologe, was ihn nicht sympathischer macht. Darüber ließe sich aber streiten, wenn einer Diskussion der Raum geboten würde. Stattdessen schreiben Studenten in einem Blog, den sie Münkler Watch nennen, mit. Ach, es gibt schlimmeres.
Zum Beispiel, wenn das Interesse erlischt. Dabei bietet nicht nur Münkler Anlass genug Interesse zu zeigen. TishmanSpeyer in Frankfurt zum Beispiel. Das erste Projekt des amerikanischen Immobilieninverstors, der Messeturm, funktioniert seit Fertigstellung nicht. Es gibt Tage, da fallen die Aufzüge ständig aus. Für ein Hochhaus ist das schlecht. Dennoch wurde das Haus verkauft.
Damit ist erwiesen, dass die Lage eines Hochhauses entscheidend für die Rendite ist. Zur Lage trägt der Investor allerdings nicht viel bei, außer vermietbare Fläche zu schaffen. Auch zur Infrastruktur nicht. Das übernimmt die Stadt. Hinter der Stadt stehen ihre Bürger. Nun ist der Messeturm verkauft, bleiben noch der Opern- und Taunusturm. Letzerer ließ sich durch die Sammlung des MMK, die nun im Taunusturm ausgestellt ist, besser vermarkten.
Die Vermarktung läuft deswegen prächtig, weil alle Beteiligten, Stadt, Investor und Presse darüber hinweggehen, dass das didaktische museale Konzept inmitten drückender Decken und Bürofenstern nicht funktioniert. Noch dazu durchdringt die Haustechnik die Ausstellungswände und macht der Kunst Konkurrenz.
Andere europäische Kommunen haben mehr Glück. Ich denke dabei an Mailand und die dort ansässigen familiengeführten Unternehmen, die ihren Besitz nicht veräußern, sondern investieren. Ich war vergangenes Wochenende dort und besuchte die neu eröffnete Fondazione Prada. Wer denkt, dort werde Mode (Investment) und Kunst werbewirksam vereint, irrt. Im Gegensatz zu Frankfurt zählt das überhaupt nicht.
Stattdessen hat die Familie Prada in Zusammenarbeit mit dem Architekten Rem Koolhaas und dessen Büro OMA einen Ort geschaffen, der im Umgang mit Architektur und Kunst besticht. Viele Details und überraschende Perspektiven begeistern. Tatsächlich ist hier ein metaphysischer Ort entstanden, der an ein Gemälde Giorgio de Chiricos erinnert.
Verantwortliche in Frankfurt dagegen erinnern sich an einen Hochhausrahmenplan, der freundlich ausgedrückt, geradezu veraltet ist. Statt über die Perspektive veralteter Hochhäuser zu debattieren, wird einem harten Verdrängungswettbewerb durch den Bau neuer Hochhäuser reibungslos stattgegeben.
Zur Legitimation neuer Hochhäuser nimmt mittlerweile die Presse ein kleines Bild als ausreichend entgegen. Hochhaus mit einem Hüftschwung nennt sich das, auch das Journal Frankfurt ist da keine rühmliche Ausnahme. Niemand wagt dabei unbequeme Fragen zu stellen. Dabei ist davon auszugehen, dass der Hüftschwung die starken Fallwinde vor Ort keineswegs brechen, sondern noch verstärken wird.
Der Visualisierung des Gebäudes ging ein Verfahren voraus, das einem Wettbewerb spottet. Einige wenige, wenngleich international tätige Architekten, waren eingeladen mitzumachen. Abgerundet wurde das Procedere durch ein Preisgericht, das ein Architekt begleitete, der bereits ein Hochhaus für den Investor gebaut hat.
Fragen sie sich auch manchmal, ob die Opposition in Frankfurt alle Entwicklungen verschläft? Ein bisschen mehr Opposition und Prada täte sicherlich nicht nur unserer Skyline gut. Wenn alle Stricke reißen, lohnt sicherlich in Frankfurt eine Mäcklerwatch einzurichten. Zum Beispiel.
Es grüßt die freie Welt.
Münkler scheint bei einigen seiner Studenten wenig gut gelitten. Böse Zungen behaupten, er sei ein Rassist. Ich glaube das nicht. Ich glaube, Münkler ist Ideologe, was ihn nicht sympathischer macht. Darüber ließe sich aber streiten, wenn einer Diskussion der Raum geboten würde. Stattdessen schreiben Studenten in einem Blog, den sie Münkler Watch nennen, mit. Ach, es gibt schlimmeres.
Zum Beispiel, wenn das Interesse erlischt. Dabei bietet nicht nur Münkler Anlass genug Interesse zu zeigen. TishmanSpeyer in Frankfurt zum Beispiel. Das erste Projekt des amerikanischen Immobilieninverstors, der Messeturm, funktioniert seit Fertigstellung nicht. Es gibt Tage, da fallen die Aufzüge ständig aus. Für ein Hochhaus ist das schlecht. Dennoch wurde das Haus verkauft.
Damit ist erwiesen, dass die Lage eines Hochhauses entscheidend für die Rendite ist. Zur Lage trägt der Investor allerdings nicht viel bei, außer vermietbare Fläche zu schaffen. Auch zur Infrastruktur nicht. Das übernimmt die Stadt. Hinter der Stadt stehen ihre Bürger. Nun ist der Messeturm verkauft, bleiben noch der Opern- und Taunusturm. Letzerer ließ sich durch die Sammlung des MMK, die nun im Taunusturm ausgestellt ist, besser vermarkten.
Die Vermarktung läuft deswegen prächtig, weil alle Beteiligten, Stadt, Investor und Presse darüber hinweggehen, dass das didaktische museale Konzept inmitten drückender Decken und Bürofenstern nicht funktioniert. Noch dazu durchdringt die Haustechnik die Ausstellungswände und macht der Kunst Konkurrenz.
Andere europäische Kommunen haben mehr Glück. Ich denke dabei an Mailand und die dort ansässigen familiengeführten Unternehmen, die ihren Besitz nicht veräußern, sondern investieren. Ich war vergangenes Wochenende dort und besuchte die neu eröffnete Fondazione Prada. Wer denkt, dort werde Mode (Investment) und Kunst werbewirksam vereint, irrt. Im Gegensatz zu Frankfurt zählt das überhaupt nicht.
Stattdessen hat die Familie Prada in Zusammenarbeit mit dem Architekten Rem Koolhaas und dessen Büro OMA einen Ort geschaffen, der im Umgang mit Architektur und Kunst besticht. Viele Details und überraschende Perspektiven begeistern. Tatsächlich ist hier ein metaphysischer Ort entstanden, der an ein Gemälde Giorgio de Chiricos erinnert.
Verantwortliche in Frankfurt dagegen erinnern sich an einen Hochhausrahmenplan, der freundlich ausgedrückt, geradezu veraltet ist. Statt über die Perspektive veralteter Hochhäuser zu debattieren, wird einem harten Verdrängungswettbewerb durch den Bau neuer Hochhäuser reibungslos stattgegeben.
Zur Legitimation neuer Hochhäuser nimmt mittlerweile die Presse ein kleines Bild als ausreichend entgegen. Hochhaus mit einem Hüftschwung nennt sich das, auch das Journal Frankfurt ist da keine rühmliche Ausnahme. Niemand wagt dabei unbequeme Fragen zu stellen. Dabei ist davon auszugehen, dass der Hüftschwung die starken Fallwinde vor Ort keineswegs brechen, sondern noch verstärken wird.
Der Visualisierung des Gebäudes ging ein Verfahren voraus, das einem Wettbewerb spottet. Einige wenige, wenngleich international tätige Architekten, waren eingeladen mitzumachen. Abgerundet wurde das Procedere durch ein Preisgericht, das ein Architekt begleitete, der bereits ein Hochhaus für den Investor gebaut hat.
Fragen sie sich auch manchmal, ob die Opposition in Frankfurt alle Entwicklungen verschläft? Ein bisschen mehr Opposition und Prada täte sicherlich nicht nur unserer Skyline gut. Wenn alle Stricke reißen, lohnt sicherlich in Frankfurt eine Mäcklerwatch einzurichten. Zum Beispiel.
Es grüßt die freie Welt.
3. Juli 2015
Ana Marija Milkovic
Leser-Kommentare
Schreiben Sie den ersten Kommentar.
Mehr Nachrichten aus dem Ressort No Sex in the City
Ana Marija Milkovics Kolumne
Wild at heart
Unsere Kolumnistin Ana Marija Milkovic schreibt über Cindy Crawfords Lebensratgeber und darüber, was diese mit der Messe Design Annual zu tun haben, auf der sie Julian Smiths Handynummer bekam – sich aber nie bei ihm meldete.
Text: Ana Marija Milkovic / Foto: Harald Schröder
Ana Marija Milkovics Kolumne
What else?
Unsere Kolumnistin Ana Marija Milkovic trinkt gerne Kapselkaffee von Nespresso. Dabei, glaubt sie, wähnt sie sich in guter Gesellschaft. Doch der Gedanke an das Müllaufkommen und die Privatisierung von Wasser mindern ihren Genuss.
Text: Ana Marija Milkovic / Foto: Harald Schröder
Ana Marija Milkovics Kolumne
Von Testa zu Omer Klein Trio
Unsere Kolumnistin Ana Marija Milkovic kauft gerne CDs im Laden – weil sie so oft auf neue Künstler aufmerksam wird. Warum ihr ihre neuen Entdeckungen Gianmaria Testa und das Omer Klein Trio besonders gut gefallen, beschreibt sie in ihrer Kolumne.
Text: Ana Marija Milkovic / Foto: Harald Schröder
Ana Marija Milkovics Kolumne
Ein Nachruf
Am gestrigen Dienstag ist der Modeschöpfer Karl Lagerfeld gestorben. Unsere Kolumnistin Ana Marija Milkovic betrauert seinen Tod - und erinnert daran, dass Lagerfeld nicht nur wegen seiner Mode bekannt war, sondern auch wegen politischer Statements.
Text: Ana Marija Milkovic / Foto: Harald Schröder
ANA MARIJA MILKOVICS KOLUMNE
Makis Milki Way
Unsere Kolumnistin Ana Marija Milkovic hat große Ziel für 2019: Auf ihrem neu gestarteten Instagram-Profil möchte sie innerhalb eines Jahres eine Million Follower erreichen. Wie sie das schaffen möchte, schreibt sie in ihrer Kolumne.
Text: Ana Marija Milkovic / Foto: © Harald Schröder
No Sex in the City
Ana Marija Milkovic hat als Architektin klare Ansichten über das Antlitz Frankfurts. Hier schreibt sie regelmäßig darüber.