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No Sex in the City
Kolumne von Ana Marija Milkovic
Unser Dorf soll schöner werden
Der Kiosk YokYok muss früher schließen: Um 22 Uhr ist Schicht – Anwohner hatten sich über den Lärm vor ihrer Tür beschwert und den Laden als Quelle ausgemacht. Zeit für einen Brief an den Ordnungsdezernen.
Lieber Herr Stadtrat Frank,
mit großem Erstaunen lese ich, dass das Ordnungsamt den Betreibern des Kiosk YokYok in der Münchner Straße die Lizenz, nach 22 Uhr geöffnet zu bleiben, entzogen hat. Bei allem gebotenem Respekt, sind Sie, lieber Herr Frank, als zuständiger Dezernent für Wirtschaft und Ordnung bestrebt, einer Stadt wie Rothenburg ob der Tauber im Image nachzueifern? Klappt eine Weltstadt um 22 Uhr die Gehsteige hoch, nur weil ein paar Kleinbürger in Frankfurt weilen? Wird aus Mainhatten nun "Unser Dorf soll schöner werden"? Ich frage Sie, wie würde das Ordnungsamt in New York in einem solchen Fall entscheiden? Sind Auflagen in Stein gemeißelt oder lassen sich diese auch noch gestalten?
Anlässlich einer Einladung der Förderer der Universität von Tel Aviv haben wir uns kürzlich darüber unterhalten, dass ich mehr und mehr den Eindruck gewinne, Politiker hätten heute nicht die Spur einer Ahnung wie sich das Leben in dieser Stadt für Kulturschaffende und Interessierte anfühlt. Jedenfalls sind städtisch propagierte Win-to-Win Situationen, wie die am Taunustor, irreführend. Das Museum für Moderne Kunst hat seit dem Weggang von Museumsdirektor Udo Kittelmann mehr als nur an Glanz verloren. Prägten neue Museumsbauten selbstbewusst die 80ern und 90er, landen heute städtische Sammlungen in unwirtlichen Büroetagen wie der im Taunustor.
Misslich dabei ist, dass durch den Neubau von Hochhäusern weder im Wirtschaftsleben noch im Kunstbetrieb neue Arbeitsplätze entstehen. Auf ein neu gebautes Bürohochhaus folgt ein leer stehendes - auf einen Museumsschaffenden kommen nun zwei Liegenschaften - leider eben auch doppelt soviel unbezahlte Arbeit. Heute also scheint die Stadt darin bestrebt, Investoren zu helfen, das ihnen anvertraute Geld gut anzulegen. Warum aber, frage ich mich, hilft die Stadt dann nicht auch den Kleinen, zumindest ihren Betrieb aufrechtzuerhalten? YokYok ist in Frankfurt Kult. Wenn Sie, lieber Herr Frank, Interesse daran haben mehr über Ihre Stadt zu erfahren, empfehle ich Ihnen den Treffpunkt YokYok nach einem Opernbesuch. Vor Ort können Sie sich mit Freunden und Fremden über die Aufführung unterhalten. Ich kann Ihnen das nur empfehlen, solange es noch geht.
Gegenwärtig sind mehr monetäre Mittel im Markt als bebaubare Liegenschaften in Städten. Das ist eine wunderbare Ausgangsposition für Städte zur politischen Gestaltung. Schade nur, dass es an politischem Willen dazu fehlt, Frankfurt auch für Menschen, die nicht nur darin schlafen oder ihre Rendite anlegen, zu gestalten.
Es liegt ganz an Ihnen, Wirtschaft auch im Kleinen zu gestalten.
Herzlichst,
Ana Marija Milkovic
mit großem Erstaunen lese ich, dass das Ordnungsamt den Betreibern des Kiosk YokYok in der Münchner Straße die Lizenz, nach 22 Uhr geöffnet zu bleiben, entzogen hat. Bei allem gebotenem Respekt, sind Sie, lieber Herr Frank, als zuständiger Dezernent für Wirtschaft und Ordnung bestrebt, einer Stadt wie Rothenburg ob der Tauber im Image nachzueifern? Klappt eine Weltstadt um 22 Uhr die Gehsteige hoch, nur weil ein paar Kleinbürger in Frankfurt weilen? Wird aus Mainhatten nun "Unser Dorf soll schöner werden"? Ich frage Sie, wie würde das Ordnungsamt in New York in einem solchen Fall entscheiden? Sind Auflagen in Stein gemeißelt oder lassen sich diese auch noch gestalten?
Anlässlich einer Einladung der Förderer der Universität von Tel Aviv haben wir uns kürzlich darüber unterhalten, dass ich mehr und mehr den Eindruck gewinne, Politiker hätten heute nicht die Spur einer Ahnung wie sich das Leben in dieser Stadt für Kulturschaffende und Interessierte anfühlt. Jedenfalls sind städtisch propagierte Win-to-Win Situationen, wie die am Taunustor, irreführend. Das Museum für Moderne Kunst hat seit dem Weggang von Museumsdirektor Udo Kittelmann mehr als nur an Glanz verloren. Prägten neue Museumsbauten selbstbewusst die 80ern und 90er, landen heute städtische Sammlungen in unwirtlichen Büroetagen wie der im Taunustor.
Misslich dabei ist, dass durch den Neubau von Hochhäusern weder im Wirtschaftsleben noch im Kunstbetrieb neue Arbeitsplätze entstehen. Auf ein neu gebautes Bürohochhaus folgt ein leer stehendes - auf einen Museumsschaffenden kommen nun zwei Liegenschaften - leider eben auch doppelt soviel unbezahlte Arbeit. Heute also scheint die Stadt darin bestrebt, Investoren zu helfen, das ihnen anvertraute Geld gut anzulegen. Warum aber, frage ich mich, hilft die Stadt dann nicht auch den Kleinen, zumindest ihren Betrieb aufrechtzuerhalten? YokYok ist in Frankfurt Kult. Wenn Sie, lieber Herr Frank, Interesse daran haben mehr über Ihre Stadt zu erfahren, empfehle ich Ihnen den Treffpunkt YokYok nach einem Opernbesuch. Vor Ort können Sie sich mit Freunden und Fremden über die Aufführung unterhalten. Ich kann Ihnen das nur empfehlen, solange es noch geht.
Gegenwärtig sind mehr monetäre Mittel im Markt als bebaubare Liegenschaften in Städten. Das ist eine wunderbare Ausgangsposition für Städte zur politischen Gestaltung. Schade nur, dass es an politischem Willen dazu fehlt, Frankfurt auch für Menschen, die nicht nur darin schlafen oder ihre Rendite anlegen, zu gestalten.
Es liegt ganz an Ihnen, Wirtschaft auch im Kleinen zu gestalten.
Herzlichst,
Ana Marija Milkovic
15. Oktober 2015
Ana Marija Milkovic
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