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No Sex in the City
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Kolumne von Ana Marija Milkovic
 

Kolumne von Ana Marija Milkovic

Schmetterlinge im Bau

Sind im Senckenberg eine Million aufgepinnte Schmetterlinge zerborsten durch die Turmsprengung? Nein, aber beim U-Bahn-Bau war diese Gefahr durchaus real, wie unsere Kolumnistin herausgefunden hat.
Das Senckenbergmuseum kennt jedes Kind. Nun war ich da. Ich wollte mich informieren, ob eine Million aufbereiteter Schmetterlinge durch die Detonation des an die Liegenschaft grenzenden AfE-Turms zerbersten. Die Befürchtung mag skurril vorkommen, dennoch spielte sie bereits beim U-Bahn-Bau an der Senckenberg Anlage eine gewichtige Rolle. Es bestand die theoretische Möglichkeit, dass die aufgespießten und an den Flügeln aufgezogenen Schmetterlinge zu Schutt und Asche implodieren. Heute wie damals. Schmetterlingsskelette setzen sich aus Chitinringen zusammen. Die können auseinander purzeln ähnlich Ringe einer Kette. Frank Junker, Auftraggeber der Sprengung des AfE Turms, hat nicht nur für diesen Fall Versicherungen abgeschlossen. Das Senckenberg Institut dagegen informiert: Eine vernichtete Sammlung ist für die Forschung nicht zu ersetzen.

Senckenberg war Arzt, der seine drei Frauen nacheinander zu Grabe trug, um alleinstehend sein Hab und Gut zu stiften. Ein Freund der Entomologie hätte er vielleicht noch werden können, wäre er nicht vom Baugerüst der Kuppel des mit seinen Stiftungsgeldern errichteten Bürgerhospitals am Eschenheimer Tor 1772 zu Tode gestürzt. Die Vorzeichen standen am Tag der Sprengung am 2.2.2014 für das Erbe denkbar schlecht.

Denkbar schlecht ist es auch um die ursprünglichen Stiftungsziele nach dem Tod Senckenbergs bestellt. Bereits Goethe fand hier deutliche Worte: "Es fehle der Stiftung nicht an Materiellem, sondern am Intellekt." So trägt heute die Frankfurter Universität den Namen Goethes und ein Panoptikums bestehend aus Forschung und musealen Flächen den Namen Senckenbergs, eines Frankfurter Arztes, der sein Vermögen ausschließlich dafür stiftete die Ausbildung der Ärzte und die medizinische Versorgung in Frankfurt zu verbessern.

Während nun im Inneren des Senckenberg Instituts eine Million Schmetterlinge in Schubkästen in dunklen Schränken verschlossen lagerten, Dinosaurierskelette sich im Lichthof türmten, Löwen, Zebras, Bären aufbereitet in Glaskäfigen weilten, U-Bahnen den Verkehr einstellten, detonierte der AfE-Turm in unmittelbarer Nachbarschaft.

Die Bilder der Sprengung waren irreal real. Schockiert betrachtete ich selbst von der Friedrich-Ebert-Anlage aus die perfekte einzigartige Choreografie des zusammenbrechenden Turms. Gewaltsam unwiederbringlich zerstörend schön ist der Turm auf immer in unserem Stadtbild verschwunden. Das Volksfest war perfekt.

Seit meinem Besuch in der entomologischen Abteilung des Senckenberg Instituts bin ich schlauer. Um unsere lebendige Artenvielfalt zu zerstören benötigen wir die EU-Landwirtschaft, Tod allen Lebens durch Acker und Wiesen, befestigte Flächen, maximal optimierte urbane Verdichtung, Passivhausstechnik, Volksfeste. Und hin und wieder eine Ladung Dynamit.
4. Februar 2014
Ana Marija Milkovic
 
 
Fotogalerie:
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Leser-Kommentare

Kommentieren
 
Piranha Piranha am 4.2.2014, 13:39 Uhr:
Lasst die aufgepinnten Schmetterlinge fliegen !!!!!! Das Senckenbergmuseum ist eh nur ein einziger großer Friedhof voller Leichen, die gnadenlos zur Schau gestellt werden. Das hat mit Wissenschaft nichts zu Tun.
 
Jens Wagner am 4.2.2014, 13:29 Uhr:
Ein wenig Klugscheißen erscheint mir jetzt doch angebracht: Das Baumaterial für die Skelette der Schmetterlinge heißt Chitin. Chinin ist das Zeug, was das Tonic Water so bitter macht...
 
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