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No Sex in the City
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Kolumne von Ana Marija Milkovic
 

Kolumne von Ana Marija Milkovic

Kunstgriff oder der Griff ins Klo?

Unsere Kolumnistin macht sich Gedanken. Über das deutsche Mittelfeld. Den deutschen Mittelstand. Und warum Andrea Nahles dem jungen Günter Netzer gleicht - sie wechselt sich einfach mal selbst ein.
Löw, so sagt meine Mutter, kopiert Guardiola. Beide trainieren Fußball aus dem Mittelfeld heraus. Alle Spieler rennen nach vorne und alle rennen nach hinten. Tika-Taka wird das Spiel genannt. Irgendeiner schießt dann aus der Mitte heraus ein Tor. So wird es kommen. Davon geht meine Mutter aus. Deutschland hat ein gutes Mittelfeld. Da ist Fußball auch repräsentativ für den Rest der Gesellschaft.

Was die Deutschen weniger haben, sind Spieler mit Biss, sagt meine Mutter. Netzer zum Beispiel. Der wechselte sich selbstständig ins Spiel ein und dafür einen Mannschaftskollegen aus. Das war einmal. Bei Jogi Löw wird sich das heute keiner trauen. Deswegen haben es die Deutschen schwer, folgert meine Mutter. Zumindest, wenn die deutsche Mannschaft auf die defensiv spielenden Italiener trifft. Die haben Biss.

Auch die Große Koalition in Berlin spielt aus der Mitte heraus. Neuerdings verschafft sie auch Minderheiten Vorteile. Zumindest der SPD. Eine von ihnen hat aber durchaus Biss. Andrea Nahles versteht ihr Handwerk dabei auch noch gut. Die traut sich was. Während andere ihr Ressort noch studieren, schießt sie das erste Tor. Die Arbeitsministerin macht jetzt Schluss mit der Generation Praktikum, erfindet die Rente mit 63 und duldet keine Widerrede. Mal ehrlich, wer hätte dieser Frau den Netzer zugedacht?

Politik offenbart sich nicht jedem gleichermaßen schlüssig. Das mag im Besonderen auch an der Perspektive des Betrachters liegen. Die ist von Natur aus nicht jedermann gleich beschieden. Dafür gibt es Gründe. Darauf kann ich hier nicht eingehen, nur soviel: Sehen wir den Mond, wenn er nicht mehr da ist?

Während Sie noch darüber nachdenken, könnte bereits jeden Montag im Museum für Moderne Kunst eine Party steigen. Auf dem Frauenklo im Untergeschoss der Domstraße 10 müssen Menschen über 63 aber draußen bleiben. Kunst offenbart sich nicht jedem. Oder anders: Kunst, die sich nicht jedem gleichermaßen offenbart. Auf dem Frauenklo ist jedenfalls eine Videoprojektion von Pipilotti Rist zu sehen. Politikerinnen mit 43 könnte es ähnlich gehen.

Manchmal muss man nur einen Raum zumachen, um ihn zu verstehen. Vielleicht auch erst einmal bauen, für die Öffentlichkeit schließen und verkünden: Die Rente ist sicher. Dann mal sehen was passiert. Günther Umberg tat das. Ein paar Stockwerke über dem Klo. Nicht mit der Rente, aber mit Andy Warhol. Er baute einen Raum verschloss diesen mit nennenswerten Kunstwerken darin. Ein Ausstellungsverzeichnis schlug er für jedermann ersichtlich von außen an. Damit machte er den Betrachter glauben oder Blinde sehend, wie dem auch sei: Der Mond ist uns jedenfalls auch mit geschlossenen Augen sicher.
10. Juni 2014
Ana Marija Milkovic
 
 
Fotogalerie:
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