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No Sex in the City
Kolumne von Ana Marija Milkovic
Kaffee und Schnaps am 1. Mai
Unsere Kolumnistin erklärt den Tag der Arbeit anhand ihrer jugoslawischen Herkunft. Herzlich willkommen in der autobiografischsten Milkovic-Kolumne aller Zeiten.
Ich bin ich Jugoslawien geboren. Demnach bin ich gebürtige Jugoslawin. Genau genommen bin ich in der Provinz Kosovo geboren. Demnach bin ich Kosovarin.
Ein älteres Paar, das mich babysittete, wenn meine Eltern tanzen gingen, erzählten meinem kroatischen Vater, entscheidend wäre der Ort, an dem ein Mensch den ersten Atemzug holt. Sie nannten mich deshalb Kosovska Devojka.
Meine Mutter sagt, im Kosovo war ihre schönste Zeit. Meine Eltern waren jung, ihrer Jugend entsprechend arm und voller Ideen. Meine Mutter besetzte in Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit eine Wohnung, die leer stand und ihr besonders gut gefiel. Wir zogen mit Sack und Pack ein und würden vielleicht heute noch dort leben, hätte der Arbeitgeber meiner Mutter, das Kombinat Trepča, uns nicht noch eine schönere Wohnung für Auszug und wenig Geld angeboten.
Das Haus steht an der Brücke, die den serbischen vom albanischen Teil in Kosovska Mitrovica trennt. Jahre später war dieses Haus mit Stacheldraht und Panzern vor der Tür ein gern gezeigtes internationales Motiv zur heute geteilten Stadt Kosovska Mitrovica.
Im Kosovo lebt meine Cousine. Meine Cousine Vesna macht verrückte Sachen und immer ist sie sehr schön dabei. Sie hat pechschwarze Haare, lange schwarze Wimpern, weiße Haut und ein Temperament, das nicht nur unsere Familie beschäftigt. An der jugoslawischen Schule lernte sie im Kosovo als Pflichtfach albanisch. Das gereicht ihr heute zum Vorteil.
Meine schöne Cousine kommt nach Ihrem noch verrückteren Onkel. Ihr Onkel war ein im Kosovo berüchtigter serbischer Gewerkschaftsfunktionär. Ständig nahm er in Sachen Arbeit an Sitzungen teil. Die gingen bis tief in die Nacht. Die Tage darauf erholte er sich von den Strapazen. Er liebt seine kroatische Frau, die Gewerkschaft und den Slibowitz sehr – und wie jeder gebürtige Jugoslawe in dieser Reihenfolge.
Jugoslawien war ein von Arbeitern selbstverwalteter Betrieb. Freiheit, sagt meine Mutter, sei relativ. Sie führt dafür ein Beispiel an. Meine Mutter trinkt, wie jede Jugoslawin, gerne Kaffee. In der Kantine von Trepča war sie ein gerne und häufig gesehener Gast. Ihr unmittelbarer Vorgesetzter zählte in der Angelegenheit mit. Der Kaffeekonsum wurde bis ganz nach oben gespielt, denn meine Mutter wehrte sich, daran etwas zu ändern. Einmal oben angelangt, entschied die Konzernspitze zu Gunsten meiner Mutter. Sie erklärten, meine Mutter arbeite in der Hälfte der Zeit für zwei und das sehr gut.
Damit hätte sie sich den Kaffee verdient.
Freiheit, sagt meine Mutter, ist auch, die Arbeit nach seinen eigenen Vorstellungen zu gestalten. In Deutschland dann am 1. Mai.
Ein älteres Paar, das mich babysittete, wenn meine Eltern tanzen gingen, erzählten meinem kroatischen Vater, entscheidend wäre der Ort, an dem ein Mensch den ersten Atemzug holt. Sie nannten mich deshalb Kosovska Devojka.
Meine Mutter sagt, im Kosovo war ihre schönste Zeit. Meine Eltern waren jung, ihrer Jugend entsprechend arm und voller Ideen. Meine Mutter besetzte in Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit eine Wohnung, die leer stand und ihr besonders gut gefiel. Wir zogen mit Sack und Pack ein und würden vielleicht heute noch dort leben, hätte der Arbeitgeber meiner Mutter, das Kombinat Trepča, uns nicht noch eine schönere Wohnung für Auszug und wenig Geld angeboten.
Das Haus steht an der Brücke, die den serbischen vom albanischen Teil in Kosovska Mitrovica trennt. Jahre später war dieses Haus mit Stacheldraht und Panzern vor der Tür ein gern gezeigtes internationales Motiv zur heute geteilten Stadt Kosovska Mitrovica.
Im Kosovo lebt meine Cousine. Meine Cousine Vesna macht verrückte Sachen und immer ist sie sehr schön dabei. Sie hat pechschwarze Haare, lange schwarze Wimpern, weiße Haut und ein Temperament, das nicht nur unsere Familie beschäftigt. An der jugoslawischen Schule lernte sie im Kosovo als Pflichtfach albanisch. Das gereicht ihr heute zum Vorteil.
Meine schöne Cousine kommt nach Ihrem noch verrückteren Onkel. Ihr Onkel war ein im Kosovo berüchtigter serbischer Gewerkschaftsfunktionär. Ständig nahm er in Sachen Arbeit an Sitzungen teil. Die gingen bis tief in die Nacht. Die Tage darauf erholte er sich von den Strapazen. Er liebt seine kroatische Frau, die Gewerkschaft und den Slibowitz sehr – und wie jeder gebürtige Jugoslawe in dieser Reihenfolge.
Jugoslawien war ein von Arbeitern selbstverwalteter Betrieb. Freiheit, sagt meine Mutter, sei relativ. Sie führt dafür ein Beispiel an. Meine Mutter trinkt, wie jede Jugoslawin, gerne Kaffee. In der Kantine von Trepča war sie ein gerne und häufig gesehener Gast. Ihr unmittelbarer Vorgesetzter zählte in der Angelegenheit mit. Der Kaffeekonsum wurde bis ganz nach oben gespielt, denn meine Mutter wehrte sich, daran etwas zu ändern. Einmal oben angelangt, entschied die Konzernspitze zu Gunsten meiner Mutter. Sie erklärten, meine Mutter arbeite in der Hälfte der Zeit für zwei und das sehr gut.
Damit hätte sie sich den Kaffee verdient.
Freiheit, sagt meine Mutter, ist auch, die Arbeit nach seinen eigenen Vorstellungen zu gestalten. In Deutschland dann am 1. Mai.
30. April 2015
Ana Marija Milkovic
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