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No Sex in the City
Kolumne von Ana Marija Milkovic
Ein Hochhaus namens Marieninsel
Auf der Marieninsel an der Taunusanlage soll ein neues Hochhaus entstehen - dazu wurde in einem Gutachterverfahren der erster Platz an ein Berliner Büro vergeben. Dabei hätte man es auch besser machen können. Das Statement unserer Kolumnistin Ana Marija Milkovic zeigt Alternativen.
Der jüngst verstorbene Künstler Günther Förg fragte eine meiner Freundinnen, warum sie sich nicht einen Mann sucht, der für sich selbst denken kann? Nun ist meine Freundin ein "tough cookie". Ungleich ins Deutsche übersetzt bedeutet das ein harter Knochen. Womit wir unweigerlich bei der Frage angekommen sind, suchen starke Menschen Partner, die nicht für sich selbst denken können?
Die Frage lässt sich beispielhaft an einem kürzlich durchgeführten Gutachterverfahren für das neue Hochhaus auf der Marieninsel an der Taunusanlage klären. Im Foyer des Stadtplanungsamtes besichtigte ich dafür die ausgestellten Wettbewerbsbeiträge.
Prinzipiell scheinen alle bemüht. Auslober bemühen sich um beschränkte nichtoffene Gutachterverfahren. Architekten bemühen sich um Visionen für kleines Wettbewerbsentgelt. Preisrichter bemühen sich um den ersten Preis. Die Presse bemüht sich um vorgefasste Stellungnahmen. Ich bemühe mich um ein besseres Ergebnis und vergebe den ersten Preis daher an Schweger und Partner neu.
Das Preisgericht prämierte aber den Entwurf von Müller Reimann Architekten aus Berlin. Diese entwarfen ein Hochhaus dessen Grundriss aus zwei versetzt aneinander und auseinander geschobenen Hälften besteht. Diese Verschiebung oder auch Dopplung bietet Vorteile: Mehr Eckbüros für Partner, großflächig angelegte Dunkelzonen für innenliegende Besprechungszimmer und Sonstiges wie "War Rooms" und Archive. Diese versetzten Baukörper suggerieren dem vorhandenen Markt mehr Flexibilität. Flexibilität ist bekanntlich zeitgemäß. Die versetzte Anordnung, so informiere ich mich anderweitig, da für mich auf den ersten Blick nicht ersichtlich, suggeriert dem Preisgericht städtebauliche notwendige Zurückhaltung an den schlanken Enden in der Nord-Süd Ausrichtung. Der Turm steht auf einem Sockelgebäude und dieser schließt den Ort als Block. Die Fassade des Hochhauss ist neoklassizistisch elegant ausgebildet. Soweit die guten Nachrichten. Die schlechten Nachrichten sind: Das geht deutlich besser!
Mitnichten sind diese versetzt angeordneten Baukörper in Frankfurt schlanke Gebilde. Es sind massive Volumina, deren Grundrisse sich in der Nutzung nach Ablauf der berechneten Vollwertzeit schlecht umwandeln lassen. Der Bedarf an Rechtsanwaltskanzleien dürfte zwar sicherlich auch in Zukunft weiter steigen, jedoch das Interesse an moderneren, neueren Gebäuden auch. Steigen sollte aber auch die Perspektive jener ohne die eine Stadt nicht funktioniert: Die Perspektive der Bürger, die in einer Stadt leben und diese beleben! Ich bezweifle, dass es zukünftig weiteren Investoren gelingen wird, die Dunkelzonen ausufernder Sockelgebäude mittels städtischer Sammlungen wie das des MMK zu verwerten. Das Bestreben der Stadt ist hier, innerstädtische Plätze kunstvoll zu beleben. Ob dieser Kunstriff gelingt, wird die Zukunft erst weisen. Davon verbindlich auszugehen ist spekulativ. Weiteres Wachstum an Wirtschaft und Mietern wird es nicht geben. Es gibt einen am derzeitigen Leerstand messbaren, real existierenden Verdrängungswettbewerb. Mehr nicht! Jeder macht seinen Schnitt bis zum unweigerlichen Endergebnis: Dem Leerstand.
Wie hält nun Schweger und Partner's Entwurf gegen diese Entwicklung an? Der aktuelle Hochhausentwurf der Architekten für die Marieninsel besticht, indem es auf den Sockelbau verzichtet. Das geht auf Mies van der Rohes Entwurf für das Seagram Gebäude an der Fifth Avenue in New York zurück. Dieser puristische Baukörper ermöglicht Freiflächen inmitten von Verdichtung. Schweger und Partner zeigen ein ehrliches Hochhaus. Eine schmale Scheibe, deren Nutzflächen effizient um den Hochhauskern angeordnet sind. Dadurch lassen sich die Büroflächen natürlich belüften und zukünftig auch zu Wohnraum umwandeln. Hochhäuser werden im Allgemeinen ab einer Höhe von 70 Metern mit einer Lüftungsanlage ohne natürliche Lüftung ausgeführt. Aus diesem Grund schlagen die Architekten eigens für die natürliche Belüftung entwickelte Parallelausstellfenster vor. Diese Fenster mindern Windgeschwindigkeiten von beispielhaft 100 km/h auf über 1 m/sec und belüften Hochhäuser auch ab 70m aufwärts auf natürlichem Weg. Eine Schalldämmung von ca. 30-35 db ist gegenüber dem Außenraum gewährleistet. Das lässt Mieter Lüftungsanlagen abschalten oder lediglich unterstützend zur natürlichen Luftversorgung konditionierend einschalten und die Nebenkosten sinken.
Ginge es um die Weiterentwicklung einer auf Ressourcen achtenden Gesellschaft wäre das Erbe Mies van der Rohes nahe liegender, als eben klassizistisches Gutdünken in Fassadentypologien. Ginge es um Partner, die für sich selbst zu denken vermögen, fiele der erste Preis Schweger und Partner zu.
Die Frage lässt sich beispielhaft an einem kürzlich durchgeführten Gutachterverfahren für das neue Hochhaus auf der Marieninsel an der Taunusanlage klären. Im Foyer des Stadtplanungsamtes besichtigte ich dafür die ausgestellten Wettbewerbsbeiträge.
Prinzipiell scheinen alle bemüht. Auslober bemühen sich um beschränkte nichtoffene Gutachterverfahren. Architekten bemühen sich um Visionen für kleines Wettbewerbsentgelt. Preisrichter bemühen sich um den ersten Preis. Die Presse bemüht sich um vorgefasste Stellungnahmen. Ich bemühe mich um ein besseres Ergebnis und vergebe den ersten Preis daher an Schweger und Partner neu.
Das Preisgericht prämierte aber den Entwurf von Müller Reimann Architekten aus Berlin. Diese entwarfen ein Hochhaus dessen Grundriss aus zwei versetzt aneinander und auseinander geschobenen Hälften besteht. Diese Verschiebung oder auch Dopplung bietet Vorteile: Mehr Eckbüros für Partner, großflächig angelegte Dunkelzonen für innenliegende Besprechungszimmer und Sonstiges wie "War Rooms" und Archive. Diese versetzten Baukörper suggerieren dem vorhandenen Markt mehr Flexibilität. Flexibilität ist bekanntlich zeitgemäß. Die versetzte Anordnung, so informiere ich mich anderweitig, da für mich auf den ersten Blick nicht ersichtlich, suggeriert dem Preisgericht städtebauliche notwendige Zurückhaltung an den schlanken Enden in der Nord-Süd Ausrichtung. Der Turm steht auf einem Sockelgebäude und dieser schließt den Ort als Block. Die Fassade des Hochhauss ist neoklassizistisch elegant ausgebildet. Soweit die guten Nachrichten. Die schlechten Nachrichten sind: Das geht deutlich besser!
Mitnichten sind diese versetzt angeordneten Baukörper in Frankfurt schlanke Gebilde. Es sind massive Volumina, deren Grundrisse sich in der Nutzung nach Ablauf der berechneten Vollwertzeit schlecht umwandeln lassen. Der Bedarf an Rechtsanwaltskanzleien dürfte zwar sicherlich auch in Zukunft weiter steigen, jedoch das Interesse an moderneren, neueren Gebäuden auch. Steigen sollte aber auch die Perspektive jener ohne die eine Stadt nicht funktioniert: Die Perspektive der Bürger, die in einer Stadt leben und diese beleben! Ich bezweifle, dass es zukünftig weiteren Investoren gelingen wird, die Dunkelzonen ausufernder Sockelgebäude mittels städtischer Sammlungen wie das des MMK zu verwerten. Das Bestreben der Stadt ist hier, innerstädtische Plätze kunstvoll zu beleben. Ob dieser Kunstriff gelingt, wird die Zukunft erst weisen. Davon verbindlich auszugehen ist spekulativ. Weiteres Wachstum an Wirtschaft und Mietern wird es nicht geben. Es gibt einen am derzeitigen Leerstand messbaren, real existierenden Verdrängungswettbewerb. Mehr nicht! Jeder macht seinen Schnitt bis zum unweigerlichen Endergebnis: Dem Leerstand.
Wie hält nun Schweger und Partner's Entwurf gegen diese Entwicklung an? Der aktuelle Hochhausentwurf der Architekten für die Marieninsel besticht, indem es auf den Sockelbau verzichtet. Das geht auf Mies van der Rohes Entwurf für das Seagram Gebäude an der Fifth Avenue in New York zurück. Dieser puristische Baukörper ermöglicht Freiflächen inmitten von Verdichtung. Schweger und Partner zeigen ein ehrliches Hochhaus. Eine schmale Scheibe, deren Nutzflächen effizient um den Hochhauskern angeordnet sind. Dadurch lassen sich die Büroflächen natürlich belüften und zukünftig auch zu Wohnraum umwandeln. Hochhäuser werden im Allgemeinen ab einer Höhe von 70 Metern mit einer Lüftungsanlage ohne natürliche Lüftung ausgeführt. Aus diesem Grund schlagen die Architekten eigens für die natürliche Belüftung entwickelte Parallelausstellfenster vor. Diese Fenster mindern Windgeschwindigkeiten von beispielhaft 100 km/h auf über 1 m/sec und belüften Hochhäuser auch ab 70m aufwärts auf natürlichem Weg. Eine Schalldämmung von ca. 30-35 db ist gegenüber dem Außenraum gewährleistet. Das lässt Mieter Lüftungsanlagen abschalten oder lediglich unterstützend zur natürlichen Luftversorgung konditionierend einschalten und die Nebenkosten sinken.
Ginge es um die Weiterentwicklung einer auf Ressourcen achtenden Gesellschaft wäre das Erbe Mies van der Rohes nahe liegender, als eben klassizistisches Gutdünken in Fassadentypologien. Ginge es um Partner, die für sich selbst zu denken vermögen, fiele der erste Preis Schweger und Partner zu.
10. Dezember 2013
Ana Marija Milkovic
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