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No Sex in the City
Kolumne von Ana Marija Milkovic
Die Dinosaurier sind tot
Das Senckenberg Institut wird saniert, umgebaut, erweitert. Eine beachtliche Summe steht im Raum. 116 Millionen Euro finanziert durch Bund, Land. Unsere Kolumnistin ist alles andere als begeistert.
Das Senckenberg Institut wird saniert, umgebaut, erweitert. Eine beachtliche Summe steht im Raum. 116 Millionen Euro finanziert durch Bund und Land. Der Rohbau ist ausgeschrieben. Im April wird submittiert. Das bedeutet die eingegangenen Angebote werden geöffnet und bewertet. Das Management zur Baumaßnahme scheint vorbildlich: Die Ausschreibungen erfolgen auf einer fertig gestellten Ausführungsplanung. Das obligatorische Fortschreiben einer Ausführungsplanung sollte nach abzurechenden Prozentpunkten der Honorarverordnung für Architekten marginal sein. Das Feld ist vorbereitet und wird sukzessive nach Gewerken bestellt. Im Prinzip sind die landeseigenen Bauvorhaben besser bestellt als die kommunalen. Wären sie es nicht, hätten wir unsere Universität, unser Polizeipräsidium, auch unser Finanzamt nicht. Immerhin Großbauvorhaben, die fertig gestellt wurden ohne großes Palaver.
Palaver macht neuerdings vordergründig die Architekturästhetik. Das ist bedauerlich, denn an der Ästhetik sollte ein gut bestelltes Feld nicht scheitern. Allerdings ist ein Feld auch nicht gut bestellt, wenn sich Entsetzen und Unverständnis beim Sichten von Plänen auftut und auch die FAZ zum Bauvorhaben nur noch so titeln mag : "Ein feuchter Traum für Denkmalpfleger". Zum besseren Verständnis lese ich bei Wikipedia nach. Bei einem feuchten Traum handelt es sich um einen unwillkürlich ausgelösten Samenerguss, von einem unbewussten Orgasmus ist die Rede, der nachts das Bettuch beschmutzt, befleckt. Wie auch immer handelt es sich hier um einen orgastischen Schandfleck. Der feuchte Traum ist demnach Männern vorbehalten., so dass ich mich als Frau geschlechtlich akkreditiert sehe dem großen Ganzen gelassen zu begegnen.
Akkreditiert ist der zur Eignung befähigte. Im Fall des Senckenberg Bauvorhabens diente ein VOF Verfahren den Eignungstest durchzuführen. Ein VOF Verfahren regelt das Vergabeverfahren der Architekten und Ingenieur-Leistungen durch die öffentliche Hand. Bewerben können sich viele, teilnehmen dürfen wenige. Nachweise sind zu erbringen. Zum Beispiel die Bruttoumsätze der vergangenen Jahre, gleichwertige Referenzen im Bauen im denkmalgeschützten Bereich, Museumsbau, Verwaltungsbau usw. So gedenkt die öffentliche Hand sich vor Mehraufwand und den Steuerzahler vor Mehrkosten zu schützen. Es gibt ausreichend andere Wettbewerbe, die kleineren, vielleicht auch jüngeren Büros die Teilnahme an Wettbewerben erleichtern. So das offizielle Statement. Das ist in der Sache annähernd richtig, wie eben Bullenscheiße scheiße ist.
Den Umbau, die Sanierung und die Erweiterung des Senckenberg Institutes gestaltet nun urheberrechtlich der Architekt Peter Kulka. Dieser Architekt kann heute einiges vorweisen: Mitarbeiter bei Hans Scharoun, Professor, Gründungsmitglied und Ehrendoktor der Technischen Universität Dresden. Das kommt krass und lässt auch das Auswahlgremium der öffentlichen Hand nicht unbeeindruckt. Dennoch bezweifle ich, diese Regulativen würden das beste Ergebnis begünstigen. Die heutigen größeren Büros haben vor allem eine Agenda, alles zu bauen, weil nur sie es dem vermeintlichen Anspruch nach können. Natürlich unterliegen sie auch dem Zwang immer neue große Aufträge zu erhalten, um ihren Betrieb am Laufen zu halten. Auf der anderen Seite reguliert eine überbordende Verwaltung, hier Denkmalpflege, bevormundend mit. Im Ergebnis sichert ein VOF Verfahren den Etablierten einen abgesteckten Markt und der öffentlichen Hand weniger Aufwand im Wettbewerbsverfahren. Etabliert sind Architekten und Verwaltungen gleichermaßen. Das ist Planwirtschaft und längst nicht mehr soziale Marktwirtschaft.
Da stellt sich die Frage sichern Regelwerke kulturelle Güter? Wieviel Urheberrecht steckt in einem großen Architekturbüro mit über 50 Mitarbeitern und einem zu bearbeitenden Gesamtbauvolumen von mehreren hundert Millionen Euro? Urheberrecht ist übrigens nicht übertragbar, dafür aber das Nutzungsrecht. Ich behaupte, in den größeren Büros sind Bauwerke nach strenger Definition des Urheberrechts kaum herstellbar. Das ist der Schandfleck unserer Zeit, der sich flächenförmig gleichförmig in der gebauten Umwelt anonymisiert erstreckt. Wir bestellen Kulka und erhalten die Ergebnisse eines Großbetriebes. Das wird in der Ansicht der Visualisierung des Senckenberg Ensembles der Architekten gut und erschreckend offensichtlich. Weiße Quader mit historisierenden Fragmenten entfremden zudem kulturelle Güter ihrer urheberrechtlichen Beschaffenheit. Sicherlich wird auch hier dem Stand der Technik Tribut gezollt.
War es jemals anders? Ja, das war es! Wir bauten keine Green Buildings. Wir stellten keine Energiepässe zugunsten der Energieeffizienz aus, um folglich unsere knappen Ressourcen zu zerstören. Die öffentliche Hand beauftragte und hielt sich ind er Gestaltung zurück. Die öffentliche Hand ließ auch Absolventen, kaum von der Hochschule abgängig, an offenen Wettbewerben dieser Größenordnung zu. Das war die Zeit in der die Architekturabsolventen von Gergan und Marg den Architektenwettbewerb zum Flughafen Tegel in Berlin gewannen. Sie entwarfen ein kluges und bis zum heutigen Tag gültiges Konzept. So wurden diese beiden Architekten am Anfang ihrer Laufbahn akkreditiert einen Flughafen zu bauen, um als weltweit agierendes Großbüro vierzig Jahre später in BER zu scheitern.
Im ungünstigen Fall erwartet uns am Senckenberg-Institut unser Stuttgart 21, unser BER, unsere Elbphilharmonie. Die Bedingungen dafür sind regulativ geschaffen! Der Dinosaurier soziale Marktwirtschaft ist tot. Es lebe die Planwirtschaft der oberen Zehntausend.
Palaver macht neuerdings vordergründig die Architekturästhetik. Das ist bedauerlich, denn an der Ästhetik sollte ein gut bestelltes Feld nicht scheitern. Allerdings ist ein Feld auch nicht gut bestellt, wenn sich Entsetzen und Unverständnis beim Sichten von Plänen auftut und auch die FAZ zum Bauvorhaben nur noch so titeln mag : "Ein feuchter Traum für Denkmalpfleger". Zum besseren Verständnis lese ich bei Wikipedia nach. Bei einem feuchten Traum handelt es sich um einen unwillkürlich ausgelösten Samenerguss, von einem unbewussten Orgasmus ist die Rede, der nachts das Bettuch beschmutzt, befleckt. Wie auch immer handelt es sich hier um einen orgastischen Schandfleck. Der feuchte Traum ist demnach Männern vorbehalten., so dass ich mich als Frau geschlechtlich akkreditiert sehe dem großen Ganzen gelassen zu begegnen.
Akkreditiert ist der zur Eignung befähigte. Im Fall des Senckenberg Bauvorhabens diente ein VOF Verfahren den Eignungstest durchzuführen. Ein VOF Verfahren regelt das Vergabeverfahren der Architekten und Ingenieur-Leistungen durch die öffentliche Hand. Bewerben können sich viele, teilnehmen dürfen wenige. Nachweise sind zu erbringen. Zum Beispiel die Bruttoumsätze der vergangenen Jahre, gleichwertige Referenzen im Bauen im denkmalgeschützten Bereich, Museumsbau, Verwaltungsbau usw. So gedenkt die öffentliche Hand sich vor Mehraufwand und den Steuerzahler vor Mehrkosten zu schützen. Es gibt ausreichend andere Wettbewerbe, die kleineren, vielleicht auch jüngeren Büros die Teilnahme an Wettbewerben erleichtern. So das offizielle Statement. Das ist in der Sache annähernd richtig, wie eben Bullenscheiße scheiße ist.
Den Umbau, die Sanierung und die Erweiterung des Senckenberg Institutes gestaltet nun urheberrechtlich der Architekt Peter Kulka. Dieser Architekt kann heute einiges vorweisen: Mitarbeiter bei Hans Scharoun, Professor, Gründungsmitglied und Ehrendoktor der Technischen Universität Dresden. Das kommt krass und lässt auch das Auswahlgremium der öffentlichen Hand nicht unbeeindruckt. Dennoch bezweifle ich, diese Regulativen würden das beste Ergebnis begünstigen. Die heutigen größeren Büros haben vor allem eine Agenda, alles zu bauen, weil nur sie es dem vermeintlichen Anspruch nach können. Natürlich unterliegen sie auch dem Zwang immer neue große Aufträge zu erhalten, um ihren Betrieb am Laufen zu halten. Auf der anderen Seite reguliert eine überbordende Verwaltung, hier Denkmalpflege, bevormundend mit. Im Ergebnis sichert ein VOF Verfahren den Etablierten einen abgesteckten Markt und der öffentlichen Hand weniger Aufwand im Wettbewerbsverfahren. Etabliert sind Architekten und Verwaltungen gleichermaßen. Das ist Planwirtschaft und längst nicht mehr soziale Marktwirtschaft.
Da stellt sich die Frage sichern Regelwerke kulturelle Güter? Wieviel Urheberrecht steckt in einem großen Architekturbüro mit über 50 Mitarbeitern und einem zu bearbeitenden Gesamtbauvolumen von mehreren hundert Millionen Euro? Urheberrecht ist übrigens nicht übertragbar, dafür aber das Nutzungsrecht. Ich behaupte, in den größeren Büros sind Bauwerke nach strenger Definition des Urheberrechts kaum herstellbar. Das ist der Schandfleck unserer Zeit, der sich flächenförmig gleichförmig in der gebauten Umwelt anonymisiert erstreckt. Wir bestellen Kulka und erhalten die Ergebnisse eines Großbetriebes. Das wird in der Ansicht der Visualisierung des Senckenberg Ensembles der Architekten gut und erschreckend offensichtlich. Weiße Quader mit historisierenden Fragmenten entfremden zudem kulturelle Güter ihrer urheberrechtlichen Beschaffenheit. Sicherlich wird auch hier dem Stand der Technik Tribut gezollt.
War es jemals anders? Ja, das war es! Wir bauten keine Green Buildings. Wir stellten keine Energiepässe zugunsten der Energieeffizienz aus, um folglich unsere knappen Ressourcen zu zerstören. Die öffentliche Hand beauftragte und hielt sich ind er Gestaltung zurück. Die öffentliche Hand ließ auch Absolventen, kaum von der Hochschule abgängig, an offenen Wettbewerben dieser Größenordnung zu. Das war die Zeit in der die Architekturabsolventen von Gergan und Marg den Architektenwettbewerb zum Flughafen Tegel in Berlin gewannen. Sie entwarfen ein kluges und bis zum heutigen Tag gültiges Konzept. So wurden diese beiden Architekten am Anfang ihrer Laufbahn akkreditiert einen Flughafen zu bauen, um als weltweit agierendes Großbüro vierzig Jahre später in BER zu scheitern.
Im ungünstigen Fall erwartet uns am Senckenberg-Institut unser Stuttgart 21, unser BER, unsere Elbphilharmonie. Die Bedingungen dafür sind regulativ geschaffen! Der Dinosaurier soziale Marktwirtschaft ist tot. Es lebe die Planwirtschaft der oberen Zehntausend.
28. Januar 2014
Ana Marija Milkovic
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