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Fußverkehr
„Frankfurt ist die Hauptstadt der Zebrastreifen“
Wie ist es um die Situation der Menschen in Frankfurt bestellt, die in der Regel zu Fuß gehen? Demnächst wird es eine Fußverkehrsverantwortliche auch im Römer geben. Am Donnerstag wurde erstmals der Fokus auf Fußgängerinnen gerichtet.
Eins vorneweg. Die geneigte Leserin, der geneigte Leser muss sich zukünftig an einen Begriff gewöhnen, den so manche eher mit einem Fetisch assoziieren: dem des Fußverkehrs. Gemeint ist jeder Weg, der zu Fuß begangen wird – ob flanierend, funktional von A nach B, ob zur U-Bahn hetzend, das Auto suchend oder das platte Fahrrad schiebend.
Tatsächlich pflegte dieses Thema in der Vergangenheit ein stiefmütterliches Dasein, im Fokus standen vielmehr die Battle Radfahrer gegen Autofahrerin oder alternativ Autofahrer gegen Radfahrerin. Was aber ist mit den Fußgängerinnen? In der städtischen Verkehrspolitik werden die maximal mitgedacht, selbst wenn sie in der Nahrungskette ganz unten anzusiedeln sind. Und dies schlicht, weil sie es sind, die im Falle einer „Verkehrs“-Konfrontation den Kürzeren ziehen.
Fußverkehr in Frankfurt: Thema pflegt stiefmütterliches Dasein
Am Donnerstag (23. November) nun sollte im Stadthaus in der Frankfurter Altstadt der Fußverkehr in den Fokus gerückt werden, damit diesem auch in zukünftigen Verkehrsdebatten Rechnung getragen würde. „Sind wir gut zu Fuß“?, hatten die Grünen ihre Veranstaltung überschrieben, und, kleiner Spoiler: Sind wir nicht, auch wenn dem bald Abhilfe geschaffen werden soll, und zwar in Gestalt einer Fußverkehrsverantwortlichen, deren Posten im Römer angesiedelt wird.
Schlechtes Beispiel für einen fußverkehrfreundlichen Gehweg. @Red
Klingt zunächst etwas sperrig, doch der Verkehrsverantwortliche aus Frankfurts Partnerstadt Leipzig, Friedemann Goerl, räumte mit dem Fremdeln schnell auf und erklärte, dass andere Verkehre ohne den des Fußes gar nicht funktionieren würden. Bislang sei es lediglich eine Leerstelle in der strategischen Planung, und die gelte es zu füllen. Schließlich sei Fußverkehr „das Gewinnerthema“.
Fußverkehr: Frankfurt von Leipzig-Beauftragten gelobt und getadelt
Für Frankfurt hatte Goerl Lob aber auch Tadel übrig. Zwar sei die Stadt die „Hauptstadt der Zebrastreifen“; was das legale Parken auf Gehwegen anbelangt, müsse aber nachgebessert werden. Katharina Knacker, mobilitätspolitische Sprecherin der Grünen, verwies zunächst auf die Fraktionen im Römer, von denen „keine gegen den Fußverkehr ist“. An der Übersetzung ins Praktische hapere es, was insbesondere an der „heiligen Kuh“ Parklätze sichtbar wird. Hinzu komme laut Knacker, dass der Rad- gegen den Fußverkehr ausgespielt werde, wobei sich hier diagnostizieren lässt, dass es immer um eins geht, den Kampf um den zu engen Raum in Frankfurt.
Kampf um die Räume in Frankfurt: Legales Gehwegparken ein Problem
Benennen wir einmal die Problematik um den „zu engen Raum“ und den Anteilen der jeweiligen Verkehre, wobei das Auto hier den mit Abstand größten Raum einnimmt. Vom legalen Gehwegparken war bereits die Rede, doch geht es hier nicht nur um das Auto als Raumbesetzer, sondern gleichsam um das Versperren der Sicht auf etwa Kreuzungen. Weiteres Problem ist die fehlende Barrierefreiheit, die unter anderem Menschen mit Handicap betreffen. Wie sehr irritiert ein wahllos abgestellter E-Scooter oder Fahrrad Menschen, die mit einem Gehstock unterwegs sind? Wie wichtig ist für sie ein minimal hoher Bordstein, auch wenn Rollstuhlfahrer sich hier einen ebenen wünschen würden?
Barrierefreiheit – Gehwegparken – Keine Sicht auf den Verkehr: Probleme für Fußgänger in Frankfurt
Knacker benennt den Konflikt und formuliert für sich eine Lösung: die Platzumverteilung zugunsten des Fußverkehrs, der platzsparend – genau genommen gegen null tendierend – ist und den „Stress rausnimmt“. Zunächst einmal, das stellt Mobilitätsforscherin Monika Pentenrieder fest, müsse aber das „Zufußgehen“ ernst genommen und den Leuten das Gefühl gegeben werden, dass für sie explizit etwas getan werde, und sie nicht als Beiwerk das Radverkehrs unter dem Radar laufen.
Der Versuch, den Mainkai langfristig autofrei zu gestalten, wurde übrigens als positive Maßnahme formuliert. Schließlich werde die Stadt in Richtung Fluss geöffnet und gleichsam die Fläche für diejenigen verbreitert, die den Main als Lebensort nutzen.
Mainkai in Frankfurt: Erweiterung des Fußverkehrs
Ein Zuhörer zeigte sich ob der dargebotenen Vorträge am Ende erregt. Ein wichtiger Punkt sei an diesem Abend ausgespart worden, nämlich der fahrlässige Umgang der Radfahrer mit den Verkehrsregeln. Verstöße gegen Fußgänger würden von der Polizei nicht geahndet, konkret fühlt sich der Mann von Lieferdiensten bedroht. Die würden in Vielzahl auf dem Gehweg unterwegs sein und „aus Kulturen kommen, da darf man das“.
An dieser Stelle sei betont, dass die Situation der Lieferdienste sicherlich zu kritisieren ist, doch sollte man hier eher auf den Druck der Fahrer und ihre prekäre Bezahlsituation verweisen, als auf die vermeintlich „unterschiedliche Kultur“.
Debatte in Frankfurt angestoßen
Als Fazit bleibt die Freude darüber, dass die Debatte endlich angestoßen wurde. Bleibt abzuwarten, wie es mit der Fußverkehrsbeauftragten in Frankfurt weiter geht und inwiefern die etablierten Verkehre sich auf den Neuling in dem Diskurs einlassen.
Tatsächlich pflegte dieses Thema in der Vergangenheit ein stiefmütterliches Dasein, im Fokus standen vielmehr die Battle Radfahrer gegen Autofahrerin oder alternativ Autofahrer gegen Radfahrerin. Was aber ist mit den Fußgängerinnen? In der städtischen Verkehrspolitik werden die maximal mitgedacht, selbst wenn sie in der Nahrungskette ganz unten anzusiedeln sind. Und dies schlicht, weil sie es sind, die im Falle einer „Verkehrs“-Konfrontation den Kürzeren ziehen.
Am Donnerstag (23. November) nun sollte im Stadthaus in der Frankfurter Altstadt der Fußverkehr in den Fokus gerückt werden, damit diesem auch in zukünftigen Verkehrsdebatten Rechnung getragen würde. „Sind wir gut zu Fuß“?, hatten die Grünen ihre Veranstaltung überschrieben, und, kleiner Spoiler: Sind wir nicht, auch wenn dem bald Abhilfe geschaffen werden soll, und zwar in Gestalt einer Fußverkehrsverantwortlichen, deren Posten im Römer angesiedelt wird.
Schlechtes Beispiel für einen fußverkehrfreundlichen Gehweg. @Red
Klingt zunächst etwas sperrig, doch der Verkehrsverantwortliche aus Frankfurts Partnerstadt Leipzig, Friedemann Goerl, räumte mit dem Fremdeln schnell auf und erklärte, dass andere Verkehre ohne den des Fußes gar nicht funktionieren würden. Bislang sei es lediglich eine Leerstelle in der strategischen Planung, und die gelte es zu füllen. Schließlich sei Fußverkehr „das Gewinnerthema“.
Für Frankfurt hatte Goerl Lob aber auch Tadel übrig. Zwar sei die Stadt die „Hauptstadt der Zebrastreifen“; was das legale Parken auf Gehwegen anbelangt, müsse aber nachgebessert werden. Katharina Knacker, mobilitätspolitische Sprecherin der Grünen, verwies zunächst auf die Fraktionen im Römer, von denen „keine gegen den Fußverkehr ist“. An der Übersetzung ins Praktische hapere es, was insbesondere an der „heiligen Kuh“ Parklätze sichtbar wird. Hinzu komme laut Knacker, dass der Rad- gegen den Fußverkehr ausgespielt werde, wobei sich hier diagnostizieren lässt, dass es immer um eins geht, den Kampf um den zu engen Raum in Frankfurt.
Benennen wir einmal die Problematik um den „zu engen Raum“ und den Anteilen der jeweiligen Verkehre, wobei das Auto hier den mit Abstand größten Raum einnimmt. Vom legalen Gehwegparken war bereits die Rede, doch geht es hier nicht nur um das Auto als Raumbesetzer, sondern gleichsam um das Versperren der Sicht auf etwa Kreuzungen. Weiteres Problem ist die fehlende Barrierefreiheit, die unter anderem Menschen mit Handicap betreffen. Wie sehr irritiert ein wahllos abgestellter E-Scooter oder Fahrrad Menschen, die mit einem Gehstock unterwegs sind? Wie wichtig ist für sie ein minimal hoher Bordstein, auch wenn Rollstuhlfahrer sich hier einen ebenen wünschen würden?
Knacker benennt den Konflikt und formuliert für sich eine Lösung: die Platzumverteilung zugunsten des Fußverkehrs, der platzsparend – genau genommen gegen null tendierend – ist und den „Stress rausnimmt“. Zunächst einmal, das stellt Mobilitätsforscherin Monika Pentenrieder fest, müsse aber das „Zufußgehen“ ernst genommen und den Leuten das Gefühl gegeben werden, dass für sie explizit etwas getan werde, und sie nicht als Beiwerk das Radverkehrs unter dem Radar laufen.
Der Versuch, den Mainkai langfristig autofrei zu gestalten, wurde übrigens als positive Maßnahme formuliert. Schließlich werde die Stadt in Richtung Fluss geöffnet und gleichsam die Fläche für diejenigen verbreitert, die den Main als Lebensort nutzen.
Ein Zuhörer zeigte sich ob der dargebotenen Vorträge am Ende erregt. Ein wichtiger Punkt sei an diesem Abend ausgespart worden, nämlich der fahrlässige Umgang der Radfahrer mit den Verkehrsregeln. Verstöße gegen Fußgänger würden von der Polizei nicht geahndet, konkret fühlt sich der Mann von Lieferdiensten bedroht. Die würden in Vielzahl auf dem Gehweg unterwegs sein und „aus Kulturen kommen, da darf man das“.
An dieser Stelle sei betont, dass die Situation der Lieferdienste sicherlich zu kritisieren ist, doch sollte man hier eher auf den Druck der Fahrer und ihre prekäre Bezahlsituation verweisen, als auf die vermeintlich „unterschiedliche Kultur“.
Debatte in Frankfurt angestoßen
Als Fazit bleibt die Freude darüber, dass die Debatte endlich angestoßen wurde. Bleibt abzuwarten, wie es mit der Fußverkehrsbeauftragten in Frankfurt weiter geht und inwiefern die etablierten Verkehre sich auf den Neuling in dem Diskurs einlassen.
24. November 2023, 12.56 Uhr
Katja Thorwarth
Katja Thorwarth
Die gebürtige Frankfurterin studierte an der Goethe-Uni Soziologie, Politik und Sozialpsychologie. Ihre journalistischen Schwerpunkte sind Politik, politisches Feuilleton und Meinung. Seit März 2023 Leitung online beim JOURNAL FRANKFURT. Mehr von Katja
Thorwarth >>
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