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Zwischen Faszination und Armutsprostitution
Hinter den Kulissen des Bahnhofsviertels
Die Mischung aus Szenekneipen und Rotlichtviertel macht das Bahnhofsviertel auch für Touristen interessant. Eine Broschüre der Touristinfo gibt jetzt 99 Insidertipps und bei der Bahnhofsviertelnacht darf jede(r) mal ins Laufhaus.
In den vergangenen Wochen haben sich sowohl die „New York Times“ also auch der britische „Guardian“ in Artikeln mehr als wohlwollend über Frankfurt ausgelassen. Vor allem das Bahnhofsviertel, diese unnachahmliche Mischung aus leicht versteckten In-Kneipen, Multikultiläden, Spelunken und Rotlichtbetrieben – all das zu Füßen der Bankentürme, hat es den Blättern angetan. Da jubelt natürlich Thomas Feda. Als Chef der Tourismus + Congress GmbH (TCF) versucht er seit Jahren Touristen für Frankfurt zu begeistern, mal mit Kultur, mal mit dem Umland der Stadt, und jetzt auch mit dem Bahnhofsviertel. Seit zwei Jahren sei das Viertel auch international nachgefragt, weshalb ab sofort eigens vom Bahnhofsviertelkenner, dem Fotograf und Journalisten Ulrich Mattner, erstellte Broschüren namens „Bars, Basare & Bohème“ an den Touristinformationen im Hauptbahnhof und am Römerberg erhältlich seien. 99 Highlights des Viertels werden darin vorgestellt, von kulturellen Einrichtungen wie dem English Theatre und dem Kunstraum rote Treppe über die Café-Bar Amp und das Kinley bis zum vermutlich größten Laufhaus Europas, dem Crazy Sexy oder auch dem barrierefreien My Way. „Vor allem die jungen Blogger stehen aufs Bahnhofsviertel“, sagt Feda. Frankfurt gelte durch den Kiez als hip und trendig, das einst roughe Bahnhofsviertel werde nun cool, sagt Thomas Feda. Vor allem Touristen aus den USA, aus Großbritannien und aus Japan seien die Zielgruppe seiner Broschüre, die in Deutsch und Englisch erhältlich ist.
Doch so reizvoll das Bahnhofsviertel ist, romantisch verklären sollte man es nicht. Während die einen Frankfurter angesichts von immer mehr luxuriösen Eigentumswohnungen im Viertel argwöhnisch die Verdrängung der angestammten Bevölkerung beobachten, sehen andere vor allem das Rotlichtmilieu mit Skepsis. In seinen Touren durchs Bahnhofsviertel zeigt Ulrich Mattner, wie es wirklich im Kiez zugeht, er öffnet Türen, erzählt Anekdoten und hat jede Menge Hintergrundwissen. Zur Bahnhofsviertelnacht lädt er die Besucher – auch die weiblichen! – zwischen 19 und 22 Uhr ins Laufshaus My Way in die Taunusstraße ein. Dort zeigt er den Interessierten die Zentrale des Sicherheitspersonals und die Kantine, wo die Prostituierten frühstücken und von Freiern unbehelligt sind.
Doch eben dieses Laufhaus wird gerne in Zusammenhang mit den Hells Angels gebracht. Der Betreiber Richard Böhlig gibt frei heraus zu, als langjähriger Motorradfahrer eben Mitglied bei deren Club zu sein, so wie es auch andere Bordellbetreiber gebe, die Mitglieder seien. Nur sei er eben auch Mitglied bei der Eintracht. Mehr Zusammenhänge gebe es da nicht, die Hells Angels würden in der Öffentlichkeit fälschlicherweise kriminalisiert. Nun gut.
Interessant ist, was Ulrich Mattner über das Laufhaus mit seinen 34 Zimmern zu erzählen weiß. Die Prostituierten würden pro Tag 140 Euro zahlen, wovon durchschnittlich täglich 15 Euro ans Finanzamt gingen. Für die Miete dürfen die Prostituierten den Sicherheitsservice in Anspruch nehmen, sie erhalten Frühstück, Kondome, Getränke und Sanitärprodukte. Es gebe weniger Zuhälter durch die Laufhäuser und das Gewerbe sorge dafür, dass auch potentielle Vergewaltiger ihren Druck ablassen könnten, sagt der Laufhausbetreiber. Die Prostituierten seien zumeist zwischen 18 und 40 Jahre alt und stammten zu 90 Prozent aus Rumänien und Bulgarien, meistens müssen sie ihre Familien in der Heimat mit ernähren. Armutsprostitution also. Die Hälfte der Frauen hat Kinder und ist mit Mann eingereist. Bis zu 1000 Männer seien werktags im Laufhaus unterwegs, an Wochenenden auch mal 1500, berichtet Böhlig. Die Kunden schauten sich die Frauen in den nicht von Freiern belegten Zimmern an und bei Interesse, was bei rund 25 Prozent der Fall sei, würde dann der Preis mit den Damen verhandelt. Mattner berichtet, dass man für 15 Minuten 25 Euro zahle, es sei denn, die Prostituierte verlange oder der Kunde zahle mehr. Auf dem Straßenstrich werde sogar oft nur die Hälfte verlangt. Ein hartes Geschäft, kein romantisches. Richard Böhlig hat kein Problem damit, Einblicke in sein Laufhaus zu geben. Etwas, das – wie Mattner berichtet – früher im Milieu undenkbar gewesen wäre.
Hinter sieben Monitoren sitzt Nico, ein Halbkolumbianer, der als Wirtschafter im Laufhaus arbeitet. „Ein modernes Büro“, sagt er über seinen Arbeitsplatz. Auf den Monitoren kann er sehen, was in den Fluren vor sich geht, ob einer wieder im Flur wildpinkelt oder sich mit einer Prostituierten anlegt. Da ertönt ein akustisches Signal und ein Lämpchen an einer Anzeigentafel leuchtet auf. Nico kann sehen, in welchem Zimmer gedrückt wurde. Doch es ist bloß falscher Alarm. Im Notfall rufe man die Polizei und es gebe schon mehrmals am Tag einen Alarm. An Silvester muss im Laufhaus mit rund 7000 Besuchern ordentlich was los gewesen sein, wie der Laufhausbetreiber berichtet.
Mehr dieser Geschichten erfährt man am Donnerstag bei der Bahnhofsviertelnacht im My Way in der Taunusstraße 26 zwischen 19 und 22 Uhr.
Doch so reizvoll das Bahnhofsviertel ist, romantisch verklären sollte man es nicht. Während die einen Frankfurter angesichts von immer mehr luxuriösen Eigentumswohnungen im Viertel argwöhnisch die Verdrängung der angestammten Bevölkerung beobachten, sehen andere vor allem das Rotlichtmilieu mit Skepsis. In seinen Touren durchs Bahnhofsviertel zeigt Ulrich Mattner, wie es wirklich im Kiez zugeht, er öffnet Türen, erzählt Anekdoten und hat jede Menge Hintergrundwissen. Zur Bahnhofsviertelnacht lädt er die Besucher – auch die weiblichen! – zwischen 19 und 22 Uhr ins Laufshaus My Way in die Taunusstraße ein. Dort zeigt er den Interessierten die Zentrale des Sicherheitspersonals und die Kantine, wo die Prostituierten frühstücken und von Freiern unbehelligt sind.
Doch eben dieses Laufhaus wird gerne in Zusammenhang mit den Hells Angels gebracht. Der Betreiber Richard Böhlig gibt frei heraus zu, als langjähriger Motorradfahrer eben Mitglied bei deren Club zu sein, so wie es auch andere Bordellbetreiber gebe, die Mitglieder seien. Nur sei er eben auch Mitglied bei der Eintracht. Mehr Zusammenhänge gebe es da nicht, die Hells Angels würden in der Öffentlichkeit fälschlicherweise kriminalisiert. Nun gut.
Interessant ist, was Ulrich Mattner über das Laufhaus mit seinen 34 Zimmern zu erzählen weiß. Die Prostituierten würden pro Tag 140 Euro zahlen, wovon durchschnittlich täglich 15 Euro ans Finanzamt gingen. Für die Miete dürfen die Prostituierten den Sicherheitsservice in Anspruch nehmen, sie erhalten Frühstück, Kondome, Getränke und Sanitärprodukte. Es gebe weniger Zuhälter durch die Laufhäuser und das Gewerbe sorge dafür, dass auch potentielle Vergewaltiger ihren Druck ablassen könnten, sagt der Laufhausbetreiber. Die Prostituierten seien zumeist zwischen 18 und 40 Jahre alt und stammten zu 90 Prozent aus Rumänien und Bulgarien, meistens müssen sie ihre Familien in der Heimat mit ernähren. Armutsprostitution also. Die Hälfte der Frauen hat Kinder und ist mit Mann eingereist. Bis zu 1000 Männer seien werktags im Laufhaus unterwegs, an Wochenenden auch mal 1500, berichtet Böhlig. Die Kunden schauten sich die Frauen in den nicht von Freiern belegten Zimmern an und bei Interesse, was bei rund 25 Prozent der Fall sei, würde dann der Preis mit den Damen verhandelt. Mattner berichtet, dass man für 15 Minuten 25 Euro zahle, es sei denn, die Prostituierte verlange oder der Kunde zahle mehr. Auf dem Straßenstrich werde sogar oft nur die Hälfte verlangt. Ein hartes Geschäft, kein romantisches. Richard Böhlig hat kein Problem damit, Einblicke in sein Laufhaus zu geben. Etwas, das – wie Mattner berichtet – früher im Milieu undenkbar gewesen wäre.
Hinter sieben Monitoren sitzt Nico, ein Halbkolumbianer, der als Wirtschafter im Laufhaus arbeitet. „Ein modernes Büro“, sagt er über seinen Arbeitsplatz. Auf den Monitoren kann er sehen, was in den Fluren vor sich geht, ob einer wieder im Flur wildpinkelt oder sich mit einer Prostituierten anlegt. Da ertönt ein akustisches Signal und ein Lämpchen an einer Anzeigentafel leuchtet auf. Nico kann sehen, in welchem Zimmer gedrückt wurde. Doch es ist bloß falscher Alarm. Im Notfall rufe man die Polizei und es gebe schon mehrmals am Tag einen Alarm. An Silvester muss im Laufhaus mit rund 7000 Besuchern ordentlich was los gewesen sein, wie der Laufhausbetreiber berichtet.
Mehr dieser Geschichten erfährt man am Donnerstag bei der Bahnhofsviertelnacht im My Way in der Taunusstraße 26 zwischen 19 und 22 Uhr.
6. September 2016, 10.57 Uhr
Nicole Brevoord
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