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Foto: Ein eingespieltes Team: Robert Lauth (l.) und Jens Hübenthal (r.) © red
Foto: Ein eingespieltes Team: Robert Lauth (l.) und Jens Hübenthal (r.) © red

Schließung E-Kinos

Das Ende einer Kinoära

Nach 72 Jahren schließen die Filmtheaterbetriebe Jaeger ihre Tore. Das Ende der E-Kinos lässt die Beleg- und Stammkundschaft betroffen-melancholisch zurück.
Nach dem Ende des (UFA) Turmpalasts 2010 schloss am Wochenende mit den E-Kinos an der Hauptwache ein weiteres traditionsreiches Haus. Während allerdings die auf Originalversionen spezialisierten Turmkinos und das während der Pandemie aufgegebene, inzwischen besetzte Berger-Kino zunehmend verfielen, erwiesen sich die E-Kinos weiter auf dem neusten Stand. Theaterleiter Jens Hübenthal hob bei der vorletzten Führung hervor, dass der Europa Palast, ursprünglicher Namensgeber des Hauses, und das Eden erst vor der Pandemie renoviert wurden. Auch weitere kleinere Arbeiten wurden in der Zwischenzeit vorgenommen.

Als Grund der Schließung führten die Betreiber einen Besuchereinbruch nach der Pandemie und die Alterung des Gebäudes an. Hübenthal merkte vorsichtig an, dass es sich nicht allein um wirtschaftliche Gründe gehandelt habe. Die E-Kinos waren in Deutschland die letzten Säle, die nach der Pandemie wieder öffneten: Im Herbst 2021 wollte man sich dann doch nicht das Geschäft aus „Dune 1“ und „James Bond: Keine Zeit zu sterben“ entgehen lassen. Allerdings blieben die Kinos am Montag und Dienstag weiterhin geschlossen, womit gleichsam die Original-Sneak entfiel.

Grund für Schließung: Besuchereinbruch nach der Pandemie

Besonders der Sneak-Mittwoch erwies sich bei den Zuschauern als weiterhin beliebt. Mit Verlosung von Freikarten für die nächste Vorstellung, kostenlosen Süßigkeiten und einer Auswertung der Bewertungen für die Facebook-Seite gab sich das Team mehr Mühe als andere Häuser. Die letzte Sneak-Doppelvorstellung im Europa-Kino (mit den Arthouse-Filmen „Das Zimmer der Wunder“ und „Challengers“) war deshalb rasch ausverkauft. „Wo sollen wir denn künftig die Sneak besuchen?“, fragten deshalb einige Teilnehmer der Führungen.

Neben dem Sneak-Doppel und einem Treffen ehemaliger Mitarbeiter verabschiedete sich das Team eher unspektakulär mit Führungen durch das Haus am letzten Wochenende. Während Hübenthal die Digitaltechnik und die Popcorn-Maschine erläuterte, präsentierte Mitarbeiter Robert Lauth parallel den letzten verbliebenen Kinoton-Filmprojektor im Vorführraum des Elyssee 1. In seiner 37-jährigen Berufszeit arbeitete der Kinospezialist zunächst für den Royal Palast (früher MGM), den die Jaeger-Filmtheaterbetriebe 2002 für zwei Jahre übernahm. Damals mussten die Mitarbeiter häufig die schweren Kisten mit mehreren Filmakten von der Konstabler- zur Hauptwache transportieren. Lauth: „Das Schleppen der Kisten war kein Spaß.“

E-Kinos an der Hauptwache nach 72 Jahren endgültig geschlossen

Lauth erläuterte den Vorgang des Filmakt-Koppelns an der Schneidemaschine. Bei Interesse konnte man sich selbst aus dem vorhandenen Trailermaterial zur Erinnerung ein Stück Zelluloid abtrennen. Aus seinem Besitz brachte Lauth noch eine Schachtel vom Royal mit 70mm-Schnippeln und einem kompletten Trailer mit. Der Breitfilm für Großproduktionen überstand den Zahn der Zeit allerdings weniger gut: Außer einem Streifen aus einem „Curse of the Pink Pather“-Trailer wies das restliche Material starken Rotstich auf. Einst musste ein Vorführer in den E-Kinos acht Säle beaufsichtigen. Trotz des langwierigen Koppelungsprozesses vermisst Lauth durchaus das Projektorenrattern. Bei der allmählichen Umstellung von 35-mm Kopien auf digitale Projektion vor über zwei Jahrzehnten sei die Werbung teils noch analog geschaltet worden.

Am Ende trafen sich beide Gruppen im Künstlerzimmer mit eigenem Eingang zur Europa-Bühne. Dessen Vorraum mit den letzten Kinositzen aus dem Royal Kino und Blick auf die Hauptwache wurde ebenfalls kürzlich neugestaltet. Auf den Wänden verewigten sich zu spektakulären Premieren zahlreichen Stars von den Fünfzigern bis 2017 mit einem Besuch von Veronica Ferres. Da der untere Bereich neu verputzt werden musste, dürfte so manches Autogramm verschwunden sein. Ansonsten kann man unzählige Erinnerungen an Besuche von Curd Jürgens, Mario Adorf, Nadja Tiller, René Deltgen bis hin zu Iris Berben, Til Schweiger, Matthias Schweighöfer oder Elyas M’Barek entdecken. Da das Frankfurter Filmmuseum laut Jens Hübenthal vor einiger Zeit Interesse am Künstlerzimmer bekundet hat, wäre es nun auch an der Zeit, dazu zu stehen.

Inhaber appellieren: „Geht weiter ins Kino!“

„Ich hätte Euch gerne noch weiter begrüßt. Aber geht weiter ins Kino! Meine Frau und ich werden es auch tun“, fällt Hübenthals Fazit an die Besucher trotz aller Melancholie ein wenig zukunftsweisend aus. Der Theaterleiter, der den Job vor zwölf Jahren übernahm, empfiehlt die Bausch-Arthouse-Kinos. Bei den Multiplexen müsse man beim Service eben Abstriche machen – so sein kleiner Seitenhieb.

Im Treppenaufgang hing noch ein Plakat zu dem Tierhorrorschocker „Sting“ (der wäre bei Jaegers familienfreundlicher Programmplanung hier ohnehin nicht gezeigt worden). Dessen Regisseur Kiah Roache-Turner schickte bei den Fantasy Filmfest Nights den Zuschauern die Botschaft: „Filme gehören auf die Leinwand. Gott wollte es so.“ Dafür besteht künftig in Frankfurt eine weitere Möglichkeit weniger.
 
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