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Musical "The Life" im English Theatre

Den Strich auf den Punkt gebracht

Das Musical „The Life“ zeigt, wie schnell man ins Rotlichtmilieu abrutscht und wie schwer es ist, dort wieder herauszukommen. Das English Theatre wagt sich an ein mit Tony Awards prämiertes Stück, das ohne Gassenhauer auskommt.
Wer von einem Musical erwartet, dass es eine seichte Handlung mit Ohrwürmern verbindet, der ist bei dem Stück „The Life“ von David Newman mit der Musik von Cy Coleman, vermutlich falsch. Die Handlung ist zutiefst dramatisch, die Stimmung düster und die soulige Musik fungiert mehr als Erzähler denn als Ohrwurmlieferant. Das English Theatre, zwischen Puffmeile und dem Bankenviertel gelegen, widmet sich bis zum 14. Februar einer musikalischen Milieustudie und erweitert das Thema der Spielzeit – den amerikanischen Traum – um eine neue Facette. Wer nur hart genug arbeitet, der kann es zu etwas bringen. So lautet das Credo, das Amerikaner seit Jahrhunderten antreibt. Doch für die Damen im Rotlichtviertel rund um den Times Square in New York ist die Gleichung nicht ganz so einfach, weiß das mit zwei Tony Awards prämierte Musical aus dem Jahr 1997 zu erzählen. Sie können, wie die Prostituierte Sonja (hervorragend verkörpert von einer äußerst bühnenpräsenten Claudia Kariuki, die kürzlich die Oda Mae Brown in „Ghost“ spielte) noch so sehr den „Matratzenmambo“ tanzen – Sonja brachte es gar auf 15 000 Männer – der Traum vom schönen Leben wird nur selten Wirklichkeit. Doch Queen (Ngozi Ugoh) klammert sich an diesen Traum, auch wenn sie regelmäßig von der Polizei verhaftet wird und ihr dürftiges Einkommen mit ihrem Freund und Zuhälter Fleetwood (Samson Ajewole) teilen muss. Selbst als ihr Lover das Ersparte für Drogen und zur Tilgung seiner Schulden ausgegeben hat, hält sie an der Vision von einer intakten Familie mit Haus im Grünen fest, doch stattdessen lebt sie „The Life“. Doch Fleetwood möchte lieber zweigleisig fahren. Das Landei Mary braucht einen Job, wäre gerne Tänzerin und Fleetwood macht aus ihr den Pornostar „Angel“. Ernüchtert wirft sich Queen in die Arme des Zuhälters Memphis (Cameron Johnson, ein Zwei-Meter-Mann mit großer Stimme) und ahnt nicht, dass sie damit noch viel tiefer in den Sumpf aus Sex, Abhängigkeit und Kriminalität versinkt. Nur die erfahrene Prostituierte Sonja kann sie da noch retten.

Harter Tobak. Die Queendarstellerin (Ngozi Ugoh) ist das verkörperte Leiden und die insgesamt dreizehn wirklich brillanten Darsteller lassen tänzerisch, gesanglich und darstellerisch unter der Regie von Musicalexperte Ryan McBryde wenig Wünsche offen. Eingebettet in ein einmal mehr äußerst wandelbares, nahezu geniales Bühnenbild, das die künstliche und doch grelle Neonwelt des Milieus in Szene setzt, wird der Zuschauer in die Handlung hineingezogen. Doch es gibt auch ein paar Haken. So düster wie das Bühnenbild ist auch die gesamte Stimmung während der Handlung, ein Licht am Ende des Tunnels ist für die Charaktere fast nicht in Sicht. Der Story mangelt es somit etwas an Fallhöhe. Wo andere Musicals schillern, den Zuschauer durch ein Happy End zumeist gut gelaunt mit Melodien im Ohr aus dem Theater entlassen, biegt man hier nach der Vorstellung vom English Theatre linksab in die rotschimmernde Taunusstraße und sieht, dass das Theater der Wirklichkeit einfach den Spiegel vorhält. Eine interessante Erfahrung.

>>“The Life“, English Theatre, Gallusanlage 7, bis 14. Februar, Dienstags bis samstags um 19.30 Uhr, sonntags um 18 Uhr, Tickets ab 32 Euro, erm. ab 22 Euro.
 
Fotogalerie:
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9. November 2015, 16.10 Uhr
Nicole Brevoord
 
 
 
 
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