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Sonja Yakovleva INSTAREXIE 2024 Ausstellungsansicht Frankfurter Kunstverein 2024 Photographer: Norbert Miguletz © Frankfurter Kunstverein Courtesy: the artist
Frankfurter Kunstverein
Wer hat Macht? Körper im Streik
Von Mai bis August ist im Frankfurter Kunstverein eine Doppelausstellung der lokalen Künstlerinnen Gintarė Sokelytė und Sonja Yakoleva zu sehen, die sich mit Fragen der Macht beschäftigt.
Ab Samstag, 4. Mai, ist im Frankfurter Kunstverein eine Doppelausstellung der lokalen Künstlerinnen Gintarė Sokelytė und Sonja Yakoleva zu sehen. Sie stellt die altbekannte Frage nach Macht und konkret: Welcher Macht sind Körper ausgesetzt und welche Macht üben sie im öffentlichen Raum aus? Um dieser Thematik – und den Antworten der Künstlerinnen darauf – auf den Grund zu gehen, können sich Besucherinnen und Besucher die Werke über zwei Stockwerke verteilt anschauen. Sonja Yakolevas Scherenschnitte finden sich dabei in der zweiten Etage des Kunstvereins, während die Installationen und Skulpturen von Gintarė Sokelytė im vierten Stock stehen und nur mit dem Aufzug erreichbar sind.
Bereits im März 2024 brachte Yakoleva mit „Soaplands“ eine eigene Monografie im Verlag DCV heraus, in der die vergangenen fünf Jahre ihres Schaffens eindrücklich zusammengefasst werden. Unter anderem geht es um Gesellschaftskritik und Feminismus im Spannungsverhältnis von Sport, Sex, Sexualisierung und Selbstermächtigung. Für die Ausstellung im Frankfurter Kunstverein hat sie ihren Blick und ihre intensive Recherche nach eigener Angabe auf neue Bereiche gerichtet: soziale Medien, Fitness und Streik.
Snapchat-Dysmorphia und Instarexie als Zeitgeist Phänomene
Eröffnet wird Yakolevas Teil der Ausstellung, der sich über drei Räume erstreckt, mit zwei überdimensionalen Figuren aus dem Körperkult der CrossFit Welt: Die männliche Silhouette „Gym bro“ in grün wie auch die weibliche Silhouette „Pink sexy gym boot camp“ lassen sich irgendwo zwischen Selbstinszenierung und -ermächtigung verorten und verkörpern die Zwänge digitaler Netzkulturen in Bezug auf Körper- und Schönheitsideale. Inspiriert lassen hat ich die Künstlerin von Beauty-Filtern, die einzelne Merkmale übertreiben. Jenen, die sich und ihre Körper ihnen anpassen, attestiert sie das Zeitgeist Phänomen der Snapchat-Dysmorphia.
Mit „Instarexie“ geht es im nächsten Raum weiter: Dort werden Besucherinnen und Besucher in die Welt der sogenannten „Boutique Gyms“ – geschlossene Fitnesswelten mit differenzierten Community-Ästhetiken – entführt und eingeladen, vollends in sie einzutauchen beziehungsweise zu rollen. Bei der Arbeit handelt es sich nämlich um Yakolevas erste Deckeninstallation, die am besten liegend auf diversen Trainingsgeräten und Rollbrettern betrachtet wird. Portraitiert werden Menschen, die vor den Augen und Handykameras anderer fanatisch an ihren Körpern arbeiten.
Migrantische Körper im Streik
Letztlich ist eine über 10,5 Meter lange Wandarbeit zu sehen: Sie zeigt eine Stadt, in der Arbeiterinnen und Arbeiter ihre schlecht bezahlte Arbeit im Onlineversandhandel, der Fleischindustrie, den Lieferdiensten, Kitas, Krankenhäusern, Baustellen, der Gebäudereinigung oder Gastronomie niederlegen und mit ihren Körpern die Straßen besetzen. Aufmerksam machen will Yakoleva vor allem auf migrantische Personen, die sich oft gezwungen sehen, schwierige Arbeitsverhältnisse anzunehmen und fragt: „Was wäre, wenn nicht nur die gewerkschaftlich organisierten Arbeiter:innen, sondern auch sie die Arbeit niederlegen würden?“
Fährt man mit dem Aufzug hinauf in den vierten Stock, landet man in einer vorzeitlichen Höhle. Rekonstruiert wurde dort die südafrikanische Blombos Höhle, welche die älteste steinzeitliche Fundstätte ist, in der Zeugnisse menschlicher Kreativität und Kultur entdeckt worden sind. Aus ihr hinaus führen zwei Gänge zu den weiteren Installationen und Skulpturen von Gintarė Sokelytė.
Von A wie Asterisk und A-Type Complex bis 25
Teil der Asterisk-Installation ist neben der Blombos Höhle außerdem ein begehbarer Dodekaeder (eine geometrische Konstruktion mit zwölf gleichgroßen Flächen und dreißig gleichlangen Kanten), in dem zeitgleich fünf Filme abgespielt werden: Sie zeigen jeweils eine nackte Person, die an einer Metallskulptur festgebunden ist und Fragen zu Angst, Macht und Ordnung beantwortet. Die dazugehörige Metallskulptur ist neben dem Dodekaeder ausgestellt. Beklebt sind beide mit zahlreichen Textkopien von internationalen Staatsverfassungen und Gesetzestexten.
Schließlich führt der zweite Höhlengang zu einer großen aus Gips gefertigten Skulptur, die geschlechtslose Formen des Menschseins in einer Iglu-artigen Halbkugelarchitektur darstellt. Sie erinnern an Überlebende einer Katastrophe. An der Wand dahinter befindet sich das fünf Meter lange, dreidimensionale Relief mit dem Titel „25“. Beide wurden mithilfe von verbrauchtem Motoröl geschwärzt und erzählen Geschichten von Zeit und Vergänglichkeit. Die Ausstellung ist noch bis zum 4. August im Frankfurter Kunstverein zu sehen. Kuratiert wurde sie von der Direktorin Franziska Nori.
Info
Wer hat Macht? Körper im Streik
4. Mai bis 4. August 2024
Frankfurter Kunstverein
Markt 44 (Römerberg)
Di/Mi & Fr-So 11-17 Uhr, Do 11-21 Uhr
Bereits im März 2024 brachte Yakoleva mit „Soaplands“ eine eigene Monografie im Verlag DCV heraus, in der die vergangenen fünf Jahre ihres Schaffens eindrücklich zusammengefasst werden. Unter anderem geht es um Gesellschaftskritik und Feminismus im Spannungsverhältnis von Sport, Sex, Sexualisierung und Selbstermächtigung. Für die Ausstellung im Frankfurter Kunstverein hat sie ihren Blick und ihre intensive Recherche nach eigener Angabe auf neue Bereiche gerichtet: soziale Medien, Fitness und Streik.
Eröffnet wird Yakolevas Teil der Ausstellung, der sich über drei Räume erstreckt, mit zwei überdimensionalen Figuren aus dem Körperkult der CrossFit Welt: Die männliche Silhouette „Gym bro“ in grün wie auch die weibliche Silhouette „Pink sexy gym boot camp“ lassen sich irgendwo zwischen Selbstinszenierung und -ermächtigung verorten und verkörpern die Zwänge digitaler Netzkulturen in Bezug auf Körper- und Schönheitsideale. Inspiriert lassen hat ich die Künstlerin von Beauty-Filtern, die einzelne Merkmale übertreiben. Jenen, die sich und ihre Körper ihnen anpassen, attestiert sie das Zeitgeist Phänomen der Snapchat-Dysmorphia.
Mit „Instarexie“ geht es im nächsten Raum weiter: Dort werden Besucherinnen und Besucher in die Welt der sogenannten „Boutique Gyms“ – geschlossene Fitnesswelten mit differenzierten Community-Ästhetiken – entführt und eingeladen, vollends in sie einzutauchen beziehungsweise zu rollen. Bei der Arbeit handelt es sich nämlich um Yakolevas erste Deckeninstallation, die am besten liegend auf diversen Trainingsgeräten und Rollbrettern betrachtet wird. Portraitiert werden Menschen, die vor den Augen und Handykameras anderer fanatisch an ihren Körpern arbeiten.
Letztlich ist eine über 10,5 Meter lange Wandarbeit zu sehen: Sie zeigt eine Stadt, in der Arbeiterinnen und Arbeiter ihre schlecht bezahlte Arbeit im Onlineversandhandel, der Fleischindustrie, den Lieferdiensten, Kitas, Krankenhäusern, Baustellen, der Gebäudereinigung oder Gastronomie niederlegen und mit ihren Körpern die Straßen besetzen. Aufmerksam machen will Yakoleva vor allem auf migrantische Personen, die sich oft gezwungen sehen, schwierige Arbeitsverhältnisse anzunehmen und fragt: „Was wäre, wenn nicht nur die gewerkschaftlich organisierten Arbeiter:innen, sondern auch sie die Arbeit niederlegen würden?“
Fährt man mit dem Aufzug hinauf in den vierten Stock, landet man in einer vorzeitlichen Höhle. Rekonstruiert wurde dort die südafrikanische Blombos Höhle, welche die älteste steinzeitliche Fundstätte ist, in der Zeugnisse menschlicher Kreativität und Kultur entdeckt worden sind. Aus ihr hinaus führen zwei Gänge zu den weiteren Installationen und Skulpturen von Gintarė Sokelytė.
Teil der Asterisk-Installation ist neben der Blombos Höhle außerdem ein begehbarer Dodekaeder (eine geometrische Konstruktion mit zwölf gleichgroßen Flächen und dreißig gleichlangen Kanten), in dem zeitgleich fünf Filme abgespielt werden: Sie zeigen jeweils eine nackte Person, die an einer Metallskulptur festgebunden ist und Fragen zu Angst, Macht und Ordnung beantwortet. Die dazugehörige Metallskulptur ist neben dem Dodekaeder ausgestellt. Beklebt sind beide mit zahlreichen Textkopien von internationalen Staatsverfassungen und Gesetzestexten.
Schließlich führt der zweite Höhlengang zu einer großen aus Gips gefertigten Skulptur, die geschlechtslose Formen des Menschseins in einer Iglu-artigen Halbkugelarchitektur darstellt. Sie erinnern an Überlebende einer Katastrophe. An der Wand dahinter befindet sich das fünf Meter lange, dreidimensionale Relief mit dem Titel „25“. Beide wurden mithilfe von verbrauchtem Motoröl geschwärzt und erzählen Geschichten von Zeit und Vergänglichkeit. Die Ausstellung ist noch bis zum 4. August im Frankfurter Kunstverein zu sehen. Kuratiert wurde sie von der Direktorin Franziska Nori.
Wer hat Macht? Körper im Streik
4. Mai bis 4. August 2024
Frankfurter Kunstverein
Markt 44 (Römerberg)
Di/Mi & Fr-So 11-17 Uhr, Do 11-21 Uhr
3. Mai 2024, 11.06 Uhr
Sina Claßen
Sina Claßen
Studium der Publizistik und des Öffentlichen Rechts an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Seit Oktober 2023 beim Journal Frankfurt. Mehr von Sina
Claßen >>
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2. November 2024
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