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Erinnerung an eine Frankfurter Schriftstellerin

Silvia Tennenbaum ist tot

Die in Frankfurt geborene US-amerikanische Schriftstellerin und Trägerin der Goetheplakette, Silvia Tennenbaum, ist im Alter von 88 Jahren gestorben.
Im Jahr 2012 unternahm Silvia Tennenbaum gemeinsam mit ein paar Journalisten einen Spaziergang durch ihre Geburtsstadt Frankfurt am Main. Vor dem Haus in der Straße „Im Trutz Frankfurt“, wo sie von 1934 bis 1936 lebte, blieb sie stehen und ging ein paar vorsichtige Schritte in den Hof. Sie guckte nach hinten in den Garten – bis eine Anwohnerin des Hauses sich an dem Auflauf in ihrem Hof störte. Das sei Privatbesitz, sagte sie in scharfem Ton, man könne doch hier nicht einfach so reinmarschieren. Jegliche Erklärungsversuche prallten an ihr ab. Wer Silvia Tennenbaum ist, interessierte die Dame nicht. „Verschwinden Sie“, rief sie. Tennenbaum ging, ein weiteres Mal.

Kurz darauf sagte sie in einem Interview auf die Frage, ob es einen Ort gebe, den sie als Heimat bezeichnen könnte: „Das ist schwierig. Das Wort gibt es im Englischen nicht. „Home“ ist, wo mein Haus steht. Mein Haus steht in den USA. Aber sie USA sind nicht unbedingt meine Heimat.“ Im Jahr 1981 veröffentlichte Silvia Tennenbaum, geboren 1928, ihren Roman „Yesterday’s Streets“. Das Buch erzählt die Geschichte der wohlhabenden jüdischen Frankfurter Familie Wertheim, die im feinen Stadtteil Westend residiert – ein autobiografisches Werk.
1936 reiste Silvia Tennenbaums Familie in die Schweiz aus; 1938 emigrierte sie in die USA. Tennenbaum heiratete einen Amerikaner, der sich weigerte, mit ihr nach Deutschland zu fahren, und bekam drei Kinder. Sie studierte Kunstgeschichte an der Columbia University, arbeitete als Kunstkritikerin und schrieb Bücher. Erst in den frühen 80 er-Jahren kehrte Tennenbaum regelmäßig zurück nach Deutschland, hauptsächlich nach Frankfurt; in die Stadt, an der sie stets farbige Kindheitserinnerungen bewahrt hat. Und 1996 erschien im S. Fischer Verlag eine Taschenbuchausgabe von „Straßen von gestern“. Das deutsche Publikum begann, auf den Roman aufmerksam zu werden.

Ein großer Publikumserfolg wurde er allerdings erst 2012, als die Initiative „Frankfurt liest ein Buch“ den Roman für zwei Wochen in den Mittelpunkt des Stadtlebens rückte. Silvia Tennenbaum, die das Lesefestival mit so großer Energie wie Freundlichkeit begleitete, sprach hinterher von den „schönsten Wochen meines Lebens.“ Nun ist Silvia Tennenbaum im Alter von 88 Jahren in Haverford, einem kleinen Ort bei Philadelphia, gestorben.
Christoph Schröder
 
Fotogalerie:
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28. Juni 2016, 15.34 Uhr
Christoph Schröder
 
 
 
 
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