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Foto: Analogfotografie ist auch in Frankfurt beliebt © Harald Schröder
Foto: Analogfotografie ist auch in Frankfurt beliebt © Harald Schröder

Analoge Medien in Frankfurt

Analogfotografie: „Seit Corona ist die Nachfrage explodiert“

Die Digitalisierung schien lange Zeit das Maß aller Dinge. Aber seit einigen Jahren erleben analoge Medien eine Renaissance. Wir haben uns in Frankfurt umgeschaut, wie es um den Trend bestellt ist.
Tatort Sachsenhausen, hier trafen wir Malin, eine „Mehrfachtäterin“ in Sachen analoge Medien. Die einundzwanzigjährige Studentin hat sich gerade wieder Nachschub besorgt, nämlich Filme für ihre Canon AE 1. „Ich kaufe die, wenn möglich, im Laden und nicht im Internet“, sagt sie. Digital fotografiert sie schon länger, mit der Analogfotografie hat sie hingegen erst vor einem Jahr begonnen. „Besonders daran finde ich, dass man die Motive viel bewusster und gezielter als bei einer Digitalkamera auswählt. Auch das Filmeeinlegen und die generelle Haptik machen total Spaß. Besonders toll finde ich das Warten auf die entwickelten Fotos – das ist ein bisschen wie bei Weihnachtsgeschenken“, schmunzelt sie. Malin ist kein Einzelfall.

Analoge Fotografie – „Zu Beginn der Coronazeit ist die Nachfrage explodiert“

Im Foto Express in der Schweizer Straße erfuhren wir, dass die überwiegende Mehrheit der Zielgruppe tatsächlich die Fünfzehn- bis Dreißigjährigen sind, die hier Filme kaufen und sie entwickeln, digitalisieren oder abziehen lassen. Der Trend begann vor circa fünf bis sechs Jahren, wie uns Inhaber Marlon schildert, und die Kurve zeige nach oben. Es sei die Generation, die nicht damit aufgewachsen ist.

„Ich bin froh, dass ich meine Maschinen nicht verkauft habe“, freut er sich. Das Labor aufrechtzuerhalten, habe sich viele Jahre gar nicht gelohnt, sei eher ein teures Hobby gewesen. „Doch zu Beginn der Coronazeit ist die Nachfrage tatsächlich explodiert“, sagt er. Interessanterweise würde die junge Kundschaft die digitalen und analogen Medien auch dadurch zusammen bringen, dass sie Bilder der Analogfotografie in sozialen Medien verbreiteten.

Malin: „Für mich sind viele Platten-Cover auch Kunstwerke“

Malin hat in ihrem WG-Zimmer in einem Altbau, in das sie gerade erst eingezogen ist, als erstes ihren Schallplattenpieler und ihre Platten ausgepackt. Für sie bedeutet es Wertschätzung, den Plattenspieler zu bedienen, Platten in der Hand zu halten, sie pfleglich und vorsichtig zu behandeln. Inspiriert dazu wurde sie auf Konzerten und Festivals. „Ich fand es total schön, dass man hier an Ständen der Bands auch Platten kaufen und signieren lassen konnte.“ Sie schaffte sich einen Plattenspieler an. Aber sie streamt auch Musik, dabei aber eher durcheinander gewürfelt. „Mit dem Plattenspieler höre ich mir bewusst ganze Alben an.“

Malin hat seit 2020 um die 50 Platten gesammelt. Bedeutsam für sie ist, dass sie ihr gehören und nicht nur Files sind, die ihr auf irgendeinem Server leihweise bereitgehalten werden. Ästhetik sei genauso wichtig. „Für mich sind viele Cover auch Kunstwerke, ich stelle sie auf und habe mehrere Reihen davon an der Wand auf Leisten drapiert“, sagt sie.

Müller: „Jüngere legen Wert auf physisch erfahrbare Musikgeschichte“

Christiane Müller von „Analoge Tonträger“ in Bornheim kann die Entwicklung bestätigen, dass immer mehr jüngere Menschen sich für Schallplatten interessieren. Sie stellt fest, dass diese auch die Klassiker nachfragen, wie zum Beispiel die Beatles, Pink Floyd oder Michael Jackson. Es sei eine Art Gegenbewegung zu spüren zu der Beliebigkeit eines Streams. Das Haptische sei den Jüngeren wichtig, die physisch erfahrbare Musikgeschichte. Ihre Kundschaft sei sehr vielfältig. „Heute kommen immer mehr jüngere Menschen und auch immer mehr Frauen in unseren Laden“, betont sie.

Frankfurter Plattenläden verkaufen meist nur gebrauchte Ware

Klaus vom Plattenladen Tactile im Nordend sagt, dass während der Pandemie das Geschäft insgesamt sehr gut lief, seit der einsetzenden Inflation aber nicht mehr. Sein Publikum sei sehr unterschiedlich, von Gelegenheitskäufern, Sammlern und auch Menschen, die nur gezielt bestellten, Jüngere wie Ältere.

„Natürlich gibt es ein Schallplattenboom! Aber es ist doch eher die Frage, wo der stattfindet. Passiert er nur bei den großen Online-Händlern oder haben da die kleinen Läden auch etwas davon?“, bleibt er skeptisch. „In Frankfurt gibt es vielleicht insgesamt zehn Plattenläden, von denen die meisten nur gebrauchte Platten verkaufen.“ Für die anderen Großstädte gelte das gleiche, nur für Berlin nicht, da gebe es circa 100 Plattenläden, „da machen pro Woche noch gefühlt zehn neue auf“, sagt er.

Frankfurter Buchmesse zeigt: Bücher sind angesagt

Das gedruckte Buch wurde mit dem Aufkommen von eBook-Readern immer wieder totgesagt. Doch auf der kürzlich stattgefundenen Frankfurter Buchmesse zeigte sich wieder ein völlig anderes Bild. Menschen aller Altersstufen freuten sich am „in die Hand nehmen“, Blättern und Lesen der Bücher. Die Papeterie konnte genauso mithalten: Bullet Journaling, Sketchnotes und Handlettering sind unter jüngeren Menschen ziemlich angesagt. Kalender, Planer, Notiz- und Skizzenbücher werden genutzt, mal blanko, mal mit vielen Vorgaben und Listen, an denen es sich entlang zu hangeln gilt.

In Frankfurt Sachsenhausen in der Brückenstraße fanden wir Nuuna, ein Label von Brandbook. Hier gibt es solche Notizbücher und Planer nicht nur zu erwerben, es handelt sich um einen Hersteller. Konzeption und Design finden vor Ort in Frankfurt statt, und man hat sich Nachhaltigkeit auf die Fahne geschrieben, wie Julie Cordier (Creative Direction Nuuna) betont. Volker Jopp (Sales Nuuna) bestätigt, dass die Zielgruppe auch aus einer jungen Klientel besteht, die mit sämtlichen digitalen Möglichkeiten aufgewachsen sei.

Aktuelle Erkenntnis: Studierende nutzen vermehrt Notizbücher

Ideen von Entschleunigung spielten eine große Rolle, auch quasi als Pendant zur Geschwindigkeit und Komplexität im Umgang mit digitalen Medien. Aber ebenso pädagogische: Viele Studentinnen und Studenten fragten nach Notizbüchern, um wichtige Lerninhalte zunächst handschriftlich niederzuschreiben und sie danach zu digitalisieren. Dies entspricht aktuellen Erkenntnissen, nämlich dass handschriftlich Erfasstes besser vom Gehirn verarbeitet und gelernt wird, als lediglich digital Getipptes.

Geschäftsführerin Sabine Kochendörfer erwähnt außerdem eine kürzlich zu Ende gegangene Ausstellung im Klingspor Museum in Offenbach, die dem Thema Notizbücher gewidmet war. Nuuna/Brandbook waren Kooperationspartner. Dass diese Ausstellung eine der meist besuchten seit langem in diesem Museum war, freut sie besonders.
Auch andere analoge Medien feiern ein Comeback

Vinyl und Plattenspieler, Analogfotografie und Notiz- und Kalenderbücher sind nicht die einzigen analogen Medien, die ein Comeback erleben, auch Brettspiele, Walkman, CDs, Kassetten, handgeschriebene Postkarten, Einladungen und Briefe. Gedruckte Bücher waren in Wahrheit nie weg! Unterwegs in Frankfurt gilt festzuhalten, dass es ein Nebeneinander von Analog- und Digitalmedien gibt.

Da ist der Plattenladen, der auch via seiner Onlinepräsenz verkauft. Der Fotoladen für Analogfotografie und Labortechnik, der online Bewertungen einsammelt und einen reichweitestarken Social-Media-Kanal betreibt. Die Nutzerin von Schallplatten, die sich via Video-Tutorials im Netz Tipps für die Reparatur ihres Plattenspielers holt. Freunde des Handschriftlichen, die googeln, wo Kurse für Sketchnotes angeboten werden. Oder Analogfotografie-Nerds, die sich auf einem Instagram-Account versammeln.

Info
Workshop gefällig? Die Frankfurter Stadtevents bieten Handlettering-Kurse an – in Zusammenarbeit mit Kreativ Huhn. Hier können die Grundlagen des Handletterings gelernt werden, die Form der geschwungenen Buchstabens und später der Umgang mit Brush-Pens, auch Pinselstifte genannt. Mehr Infos gibt's hier und hier.
 
Fotogalerie:
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25. Dezember 2023, 10.00 Uhr
Meike Spanner
 
 
 
 
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